■ Am 17. August sollte Mumia Abu-Jamal sterben. Zehn Tage vor dem Termin hat US-Richter Albert Sabo die Hinrichtung des schwarzen Journalisten und früheren Black-Panther-Aktivisten überraschend auf unbestimmte Zeit verschoben.
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Am 17. August sollte Mumia Abu-Jamal sterben. Zehn Tage vor dem Termin hat US-Richter Albert Sabo die Hinrichtung des schwarzen Journalisten und früheren Black-Panther-Aktivisten überraschend auf unbestimmte Zeit verschoben.

Giftspritze auf Eis gelegt

Als der 74jährige weiße Richter Albert Sabo am Montag 11.10 Uhr verkündete, er hebe den Hinrichtungstermin für Mumia Abu-Jamal auf unbestimmte Zeit auf, brach im Gerichtssaal in Philadelphia lauter Jubel aus – zumindest auf jener Seite des Saales, wo schon seit Tagen Zuschauer mit Rastalocken ihre Solidarität mit dem Angeklagten bekundeten.

Auf der anderen Seite, wo rund 50 Angehörige der Polizistenvereinigung Fraternal Order of Police (FOP) zusammen mit den Angehörigen des Opfers die Anhörung verfolgten, herrschte exekutionsfreudiges Schweigen: „Es ist nur fair“, sagte James McDevitt, Vizepräsident der FOP, „daß Mr. Abu- Jamal durch die Instanzen geht, bevor er hingerichtet wird.“

Am 17. August hätte der 41jährige Abu-Jamal per Giftspritze getötet werden sollen. 1982 war er für schuldig befunden worden, am 9. Dezember 1981 den Polizisten Daniel Faulkner erschossen zu haben, als dieser Abu-Jamals Bruder verhaftete und schlug. Abu-Jamal hat stets seine Unschuld beteuert, und die Verteidigung hat einige Ungereimtheiten bei der Argumentation der Staatsanwaltschaft zusammengetragen.

Die Entscheidung Richter Sabos bedeutet für Abu-Jamal noch kein Ende des Wartens in der Todeszelle. Die Anhörung in Philadelphia soll lediglich klären, ob bei seinem Prozeß im Jahre 1982 Fehler gemacht wurden, die eine Neuauflage des Verfahrens rechtfertigen. Um diese Anhörung ohne Zeitdruck zu beenden, so begründete Richter Sabo jetzt seine Entscheidung, sei der ursprüngliche Hinrichtungstermin zu früh. Die Entscheidung überraschte auch deshalb, weil Richter Albert Sabo bislang noch nie einen Hinrichtungstermin ausgesetzt hat. Mit 31 Todesurteilen steht er an der Spitze der Richter in den USA.

Trotz des gewährten Aufschubs erwarten alle Prozeßbeobachter, daß Sabo am Schluß der Anhörung zum Ende dieser Woche eine Wiederauflage des Verfahrens ablehnen wird. Immerhin war es der inzwischen längst pensionierte Richter, der Abu-Jamal 1982 verurteilt hatte. Er dürfte sich kaum selbst der Verfahrensfehler beschuldigen. Während der Anhörung hatte er mehrfach neue Beweisanträge der Verteidigung abgewiesen, um dann zu erklären, die Anwälte hätten kein neues Material beigebracht.

Wenn Hardliner Sabo die Wiederaufnahme ablehnt, kann die Verteidigung Berufung bei der nächsthöheren Instanz einlegen und den langen Weg durch die Bundesgerichte einschlagen.

Unterstützergruppen für Abu- Jamal vermuten, daß auch der internationale Druck den Richter jetzt bewogen hat, Aufschub zu gewähren. „Wir wissen, daß täglich Zehntausende von Briefen in Sabos Büro angekommen sind“, sagt Jane Henderson von Equal Justice USA, einer kleinen Anwaltsvereinigung, die sich schon seit 1990 für die Wiederaufnahme des Verfahrens einsetzt.

Möglicherweise spielte auch eine Rolle, daß Jesse Jackson, der schwarze Reverend und ehemalige Anwärter auf die Präsidentschaftskandidatur der Demokratischen Partei, und andere internationale Prozeßbeobachter im Gerichtssaal saßen. Bernd Pickert