■ Die serbischen Zwangsansiedlungen im Kosovo scheitern
: Ein Hoffnungszeichen

Der Exodus der Serben aus den Gebieten in Kroatien, in denen sie seit Jahrhunderten heimisch waren, weckt die Erinnerung an ein fernes geschichtliches Ereignis. Nach dem 1690 gescheiterten Feldzug der Armeen Österreichs und Venedigs gegen die Osmanen- Herrschaft auf dem Balkan, an dem auch die serbischen Aufständischen teilnahmen, ordnete Patriarch Arsenije Crnojević eine Massenaussiedlung seiner orthodoxen Schäfchen aus dem Kosovo und Südserbien an. Kaiser Leopold I. bemühte sich vergeblich, Crnojević umzustimmen und die Ansiedlung der orthodoxen Bevölkerung in Ungarn zu stoppen. Doch auch bei gewissen Parallelen mit der Vergangenheit: Das Rätsel des jetzigen Exodus muß noch gelöst werden.

Warum verlassen Menschen auf Geheiß verrückter Führer ihre Höfe, ihre Wohnungen, ihre Arbeitsplätze? Ich weiß, die Frage ist zu einfach, dennoch ist sie nicht falsch. Milošević hat die Serben aus Kroatien nicht zur Aussiedlung aufgefordert. Das haben sie wohl irgendwie übersehen. Doch an der Grenze zu Serbien bekamen sie den Unterschied zu spüren. In serbischen Dörfern etwa wurde ihnen von eigenen Landsleuten Wasser und Brot gegen D-Mark angeboten. Das muß sie entsetzt haben.

In den Flüchtlingstreck mischten sich verschiedene Emissäre ein. Die einen wollen sie zum erneuten Kampf gegen Kroatien mobilisieren, die anderen bieten ihnen an, für Karadžić zu kämpfen. Und Buba Morina, die Ministerin für Flüchtlingsfragen, will sie für die Serbisierung des Kosovo rekrutieren. Vor gut einem Jahr hat sie detaillierte Pläne zur planmäßigen Ansiedlung der Serben und zur Verdrängung der albanischen Bevölkerungsmehrheit ausgearbeitet. Nachdem all die auf dem Papier versprochenen Privilegien für die Serben nichts gefruchtet haben, sieht sie in den Massen an der serbischen Grenze ihre Chance.

Damit aber, daß man sie in den Kosovo zwecks „Verbesserung der ethnischen Struktur“ deportieren will, haben die kroatischen Serben sicherlich nicht gerechnet. Doch die Tatsache, daß sie sich zum ersten Mal wehren, gefügige Masse in den Plänen ihrer Führer zu sein, kann ein Hoffnungszeichen werden. Dafür, daß sie den Bannkreis stückweise sprengen, in den die Fanatiker des Serbentums sie bislang so erfolgreich gefesselt haben. Man redete ihnen ein, daß sie nirgendwo Minderheit seien, um sie dann in den Kosovo zu der 90prozentigen, wenn auch vollkommen entrechteten albanischen Mehrheit zu zwingen. Das ist sogar für ein „himmlisches“ Volk zuviel.

Wer es noch nicht begriffen hat, könnte gerade im Versuch der Zwangsansiedlung im Kosovo den Beweis sehen, daß der Traum von Großserbien in einer konzeptionslosen Zersetzung endet. Dunja Melčić

Publizistin, lebt in Frankfurt/Main