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■ Hongkong in Action: „Don't play with fire“ im Eiszeit-Kino

Alles fängt mit einem Dutzend weißer Mäuse an, die Pearl in einem viel zu kleinen Käfig gefangen hält. Ab und zu nimmt sie eine raus, spießt sie mit einer Nadel auf und tut das gequält piepsende Viech zurück in den überfüllten Käfig. Pearl ist in Tsui Harks „Don't play with fire“ (1980) ein Hongkong-Teenager mit wirklich bösem Augenaufschlag, und Tierequälen nur eine Fingerübung.

Während ihre Sozialarbeiterin sie noch vollquatscht, sinnt sie auf den großen Coup. Drei Studenten auf Spritztour in Papis Auto werden ihre ersten Opfer. Als Zeugin, wie diese einen Passanten überfahren, erpreßt sie sie damit zu gemeinsamen kriminellen Taten. Aber die Gesetze der urbanen Gewalt übersteigen schnell die destruktive Energie eines Jungmädchen-Hirns. Bald sitzen die bebrillten Jungs und ihre Frontfrau fett im Schlamassel, verfolgt von vietnamtrainierten Gringos, die ihnen ans Leder wollen.

In optisch einerseits sehr realistischer Machart hat Hark, später Regisseur des märchenhaft-amüsanten „Peking Opera Blues“ (1986) seinen Film andererseits als bitterböse Komödie aufgezogen, die grobe Symbolik nicht scheut: Ausgerechnet auf einem gigantischen Friedhof in den Bergen über der Stadt kommt es zum Showdown des Films. Zu den Klängen von Marschmusik aus dem Off zerschießt der einzig Überlebende die Grabsteine. Vom Joyride führt der Weg bis zum Amoklauf zwischen Gräbern.

Tsui Harks Film ist der früheste in der „Hongkong in Action“- Reihe des Eiszeit-Kinos. Im Erscheinungsjahr 1980 gab es sofort Ärger mit der Zensur. Allzu allgegenwärtig und kraß ist die Darstellung der Gewalt noch in der jetzt gezeigten, entschärften Fassung. Als Pearls Bruder, pikanterweise ein Polizist, ihrem illegalen Treiben auf die Schliche kommt, schlägt er sie zusammen wie einen seiner Delinquenten und bindet sie am Fensterkreuz fest. An anderer Stelle erledigt er beim Telefonieren einen Tankstellen-Dieb, um dann sein Gespräch fortzusetzen und erstmal eine zu rauchen.

Die Gewalt in „Don't play with fire“ entlädt sich eruptiv und ersetzt beinah jede andere Kommunikation. Pessimistisch in seiner Aussage, wirkt der Film wie eine (allerdings kaum jugendfreie) Teenagerversion der einige Jahre später produzierten Filme „A Better Tomorrow“ (1986) und „Bullet in the Head“ (1991), von John Woo. Gudrun Holz

„Don't play with fire“, 18. und 19. 8., 22.15, Eiszeit-Kino, Zeughofstraße 20, Kreuzberg. Die Reihe „Hongkong in Action“ läuft noch bis einschließlich Mittwoch.

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