Baumann ist zurück!

■ In Gebresilasies Weltrekordrennen läuft auch der Olympiasieger in neue Dimensionen

Wieder war Dieter Baumann geschlagen über die Ziellinie gelaufen, und wieder stand in seinem Gesicht alles zu lesen. Doch was für ein Unterschied zum Sonntag in Göteborg! „Alles ist rosarot“, hat er den Moment des Glücks in seinem autobiographischen Buch beschrieben, „und ganz langsam wird mir bewußt, welches Glück ich habe.“ Genauso sah das aus. Und das Glück heißt Haile Gebresilasie (22). Der Äthiopier drang beim Leichtathletik-Meeting in Zürich beim bestellten Weltrekord (12.44,39min) nicht allein in unbekannte Sphären vor. „Heute sind einige in neue Dimensionen vorgelaufen“, sagte Baumann (30). Er speziell. Der Olympiasieger war im Letzigrund unter ungeheurem Druck gestanden. „Hätte ich das in den Sand gesetzt“, sagte er danach, „hätte ich womöglich für die nächsten Jahre an mir gezweifelt.“ Während Gebresilasie vorn sein einsames Rennen lief, suchte Baumann sein Tempo. Und fand es. Zuletzt überholte er den Weltmeister Kirui und ward schließlich als Zweiter mit 13.01,72min gestoppt. Deutschen Rekord um sieben Sekunden verbessert: Schneller war in Europa nur einst David Moorcroft (13.00,41min).

Es ist seltsam: Da waren sich alle und auch der Athlet selbst einig, daß Baumann nie unter 13 Minuten würde laufen können, und nun – tat er es fast. „Für so etwas braucht man ein Jahrhundertrennen“, sagt dazu Baumann, „und das war ein Jahrhundertrennen.“ Nachdem sich auch Stephane Franke, 5. in 13.03,76 min, zu den drei schnellsten Europäern aller Zeiten zählen darf.

Genausowenig wie Baumann am Sonntag den 9. Platz erklären konnte, „weiß ich, warum es jetzt geklappt hat“. Tatsache ist jedenfalls, daß er im Gegensatz zu Göteborg nicht im Bestreben, eine plötzliche Tempoverschärfung zu parieren, matt wurde, sondern sein Tempo selbst der eigenen Befindlichkeit, nicht der Spitze anpaßte.

Nun ist Baumann der letzte, der nicht konzidierte, daß es auf den Langstrecken „zwei Leute in der Welt gibt, die absolute Ausnahmen sind“. Das sind Gebresilasie und der Kenianer Moses Kiptanui (23), der in Zürich seinen Weltrekord über 3000 m Hindernis unter acht Minuten auf 7.59,18 min verbessert hatte. Der Rest, sagt Baumann, „tastet sich sukzessive an seine Grenzen ran“. Zum Beispiel in Köln, heute abend, diesmal über die 1.500 m. „Ich glaube, ich kann laufen“, sagt der Athlet, „ich glaube, ich bin schnell.“ Sportlich ist alles wieder rosarot. pu