Standbild
: Taugliche Legenden

■ "Film ab. Oststars vor der Kamera"

„Film ab. Oststars vor der Kamera“, Montag, 21.45, ORB

Vergangenheit hat viele Sätze, die Gegenwart allenfalls einen. So könnte das Fazit des jüngsten „Film ab“, einer Kollektion von Porträts über „Oststars vor der Kamera“, ausfallen. Es wäre nicht ganz richtig. Dagmar Wittmers und Karin Löschburg haben zwar Hauptdarsteller von DDR-Kultfilmen besucht und sie noch einmal ihre alten Rollen interpretieren lassen, aber auch einen – wenn auch kurzen – Bogen ins Jetzt geschlagen.

Renate Krößner ist Bundesfilmpreisträgerin und lebt heute in Düsseldorf. Sie sprach über ihre Sunny aus Konrad Wolfs „Solo Sunny“ (1980), deren anarchische Lebens- und Sinnenfreude in VEB-Diskussionen als asozial verurteilt wurde. Filmausschnitte illustrierten, was einst werktätiges Mißtrauen weckte. Man sollte sich wohl wieder einmal erinnert fühlen.

Beim kleinen und in historischen Belangen immer wieder erstaunlich sensiblen ORB ist das nicht so einfach. „Film ab“ war ein zumindest rührender Versuch, Geschichte nicht zu machen, sondern zu erzählen. Angelika Domröse sprach über „Die Legende von Paul und Paula“ (1973). Man sah die in der DDR hochberühmte Szene mit dem blumengeschmückten Himmelbett und bekam eine Gänsehaut, als wäre keine Zeit vergangen, und es kam einem plötzlich gar nicht mehr komisch vor, daß das Neue Deutschland nach der Premiere schrieb: „Im Vordergrund des Films stehen vor allem biologische Interessen“. Ursula Karusseit, Volksbühnen- und Fernsehstar, verlieh „Film ab“ hingegen die gern und zu Unrecht gescholtene Wehmut, während Anne Kasprik und Hotte Krause („Wir können auch anders“) als Paradigmen für die Gewinner der Einheit dienten.

Daß dieses „Film ab“ dennoch nicht in die Nähe von „Super-Illus“ Parade siegreicher Oststars geriet, ist ein Verdienst der Autorinnen. Der Wechsel von Interviewten zu Filmsequenzen erzeugte ein ums andere Mal ein Gefühl von Verlust: Die Realität dieser Filme war nicht nur den Akteuren, sondern einem selbst mal unglaublich vertraut – dabei zählte man ja zur schlichten Basis. Nun hatten die Autorinnen wirklich die Juwelen aus dem Defa-Archiv gewählt. Aber schon, daß dem Zuschauer diese kurzzeitig aufgehobene Differenz zwischen Kunst und Leben überhaupt fehlt, daß es schmerzt, ist ja Erkenntnisgewinn und nicht hoch genug zu schätzen. Anke Westphal