Wahlkampfmanager auf der Flucht

■ Momper verhandelt mit den Grünen. SPD-Spitzenkandidatin Stahmer fehlt dabei. Ihr Wahlkampfberater Christian Hoßbach schweigt und verflüchtigt sich

Die Sozialdemokraten bringen ihre Wähler durcheinander. Wer kandidiert für das Amt des Regierenden Bürgermeisters – Ingrid Stahmer oder Walter Momper? Die Koalitionsverhandlungen in spe zwischen SPD und Bündnisgrünen führt jedenfalls letzterer. Denn bei dem ersten Treffen – einer öffentlichen rotgrünen Diskussionsrunde – am Donnerstag abend im Berliner Congress Centrum fehlte die Frau, die bislang als Spitzenkandidatin der SPD gilt.

Dabei sollte es an diesem Abend um die schwierigste Frage für den kommenden Senat gehen: Wie man spart und dennoch gut regiert – darüber stritten der ehemalige Regierende Bürgermeister Momper und Bausenator Wolfgang Nagel mit den bündnisgrünen Abgeordneten Michaele Schreyer und Bernd Köppl.

Streiten ist das falsche Wort. Zu Beginn des Gesprächs provozierte Köppl Momper mit den Worten, die SPD habe nichts zu verlieren außer ihren Ketten. Da lachte Momper nur: „Wir werden die Ketten brechen.“ Und Nagel verkündete, er wolle nicht nur Rot- Grün ausloten, sondern: „Ich will Rot-Grün.“ Und je mehr Zeit verstrich, desto undeutlicher wurde, wo sich die politischen Gegner unterscheiden.

Am Ende hatte Bausenator Nagel schon gar keine Lust mehr, die Grünen auf dem Podium und deren Freunde im Publikum zu siezen: „Köppl, ich red' mal über deinen Bereich.“ Nagels Duzfreund blieb aber förmlich: „Ja, Herr Senator.“ Der Gesiezte war nach dem Abend von der Diskussion völlig begeistert: „Die hat die Große Koalition in fünf Jahren nicht zustande gebracht.“ Doch das Publikum mäkelte enttäuscht herum. ÖTV-Chef Kurt Lange vermißte konkrete Sparvorschläge: „Ich dachte, mir würde reiner Wein eingeschenkt.“

Dissens war natürlich, daß die Grünen den Autotunnel unter dem Tiergarten von der „Liste der Bestellungen“ streichen wollen. Von einem zweiten Konfliktpunkt war die SPD-Seite völlig überrascht. Momper und Nagel wollen nämlich auch in der nächsten Legislaturperiode kräftig Schulden machen, die Grünen nicht. Momper blieb nur zu sagen: „Ich hätte nicht für möglich gehalten, daß die Grünen mich in restriktiver Haushaltspolitik überholen.“ Die beste Sparidee der Sozis war dann, als Nagel Momper riet: „Mach die Schreyer zur Finanzsenatorin.“ Der Beratene war begeistert.

Ob Momper nun der wahre Spitzenkandidat der SPD ist, hätte an diesem Abend sogar geklärt werden können. Denn wenn auch Stahmer fehlte, so hatte sie doch ihren Wahlkampfmanager Christian Hoßbach als Beobachter geschickt. Doch Hoßbach verließ die Veranstaltung kurz vor Schluß. Blieb ihm etwa nur die Flucht als Antwort? Dirk Wildt

Das nächste Koalitionsgespräch zu „Sozialer Marktwirtschaft“ findet Dienstag, den 5. September, 19 Uhr, im Berliner Congress Centrum (U-Bahnhof Jannowitzbrücke) statt.