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: Once Moor: Montecanale

■ betr.: Montevideo"

„Montevideo“, Donnerstag, 22.30 Uhr, N3

Die Lücke in der Grundversorgung existiert schon so lange, wie es das erste Programm gibt: Zu einem Medienmagazin hat sich das ARD-Network bislang nicht durchringen können. Nur der WDR zeigt im Dritten „Parlazzo“.

Dem Medienmangel wollen die Intendanten nun abhelfen, vermutlich nicht aus journalistischer Motivation, sondern weil's modern & bunt & jung sein könnte. Doch welcher Sender wird das Rennen machen? Wohl der NDR, der am Donnerstag im Dritten schon mal einen „Piloten“ namens „Montevideo“ versendete. Der kam formal flotter rüber als „Parlazzo“. Wie man aus Köln hört, habe der WDR sein „Parlazzo“ deshalb nicht fürs Erste vorgeschlagen, weil die Sendung Mittwochs um 19.45 auf West3 ein Quotenbringer sei. Den verheize man ungern dienstags zu nachtschlafender Zeit um 0 Uhr – dem angepeilten Sendeplatz für das ARD-Medienmagazin. Andere wiederum meinen, daß der WDR schlicht gepennt habe und sich vom NDR abhängen ließ.

Der Prototyp „Montevideo“, Bewerbungmaterial für die nächste Intendantensitzung, wurde den ZuschauerInnen von der NDR-Ansagerin verschämt als „Ausblick auf die Internationale Funkausstellung“ verkauft. Die Sendung ist ein Produkt der Firma „Me, Myself & Eye“ (MME), die zuvor schon „Canale Grande“ (Vox) und „studio/ moor“ (Premiere) fabriziert hat. Das MME-Team blieb sich treu. Zwar moderiert nicht mehr Dieter Moor, sondern Fritz Eckenga – aber sonst ist alles beim alten. Und das schon in der Ansprache: Statt „Hallo Zielgruppe!“ diesmal „Ach, Sie sind's, mein Marktanteil!“. Angespitzte Sprache, wilde Kamera, ein Studio mit Nam-Jun-Paik-Plastik. Was gab's? Einen ordentlichen Bericht über das Real-Horrorvideo „Executions“, ein angemessen verächtliches Fred-Kogel-Portrait und ein etwas zu schleimiges Stefan-Aust-Interview. Ach ja, und dann noch den etwas wehmütigen Bericht über Vox, wo die Lizenz mal wieder in der Diskussion ist. Handwerklich überzeugend, aber zu schnell für ZuschauerInnen, die nicht vorinformiert sind. Doch bei aller Kritik: Es wäre schön, wenn die MME- Medienjournalisten – unschuldige Opfer von Programmrevisionen bei Vox und Premiere – mal wieder einen Stammplatz auf dem Schirm bekämen. Vielleicht für ein halbes Jahr? Hans-Hermann Kotte