Die „Hinrichtung“ eines Parteivorsitzenden

■ Rausschmiß: Die Hamburger Statt Partei entledigt sich ihres Parteigründers

Hamburg (taz) – „Ich werde doch nicht meiner eigenen Hinrichtung beiwohnen“, kreischte Parteigründer Markus Wegner am Samstag auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung der Hamburger Statt Partei. Unter Protest verließ er mit seinen AnhängerInnen den Saal, um die Beschlußfähigkeit der verbleibenden Stattianer zu verhindern. Doch es half nichts: Mit 64 Ja- und 14 Neinstimmen votierten genügend Mitglieder der Querulantenpartei für seinen Rausschmiß. Der Grund: Nach monatelangen Streitereien mit seinen KollegInnen in der Hamburger Bürgerschaft war der exzentrische ehemalige CDU-Rebell Markus Wegner zusammen mit seinem getreuen Freund Klaus Scheelhaase aus der eigenen Statt- Fraktion ausgetreten und hatte damit eine mittelschwere Regierungskrise ausgelöst. Die Statt Partei, Regierungspartner der SPD, hatte den Fraktionsstatus verloren.

Laut Statt-Satzung müßte ein Abgeordneter, der die Fraktion verläßt, auch seinen Platz für einen Nachrücker räumen. Wegner selbst hatte im Fall der Ex-Stattianerin Gundi Hauptmüller – inzwischen bei der GAL – für diese Regel gesorgt. Doch der als machtversessen und unberechenbar geltende Wegner dachte gar nicht daran; die „Fünfer-Bande“, die Rest-Statt-Gruppe unter Führung seines Intimfeinds Achim Reichert, habe ihn schließlich rausgemobbt.

Der Parteivorstand selbst ist in der Wegner-Frage gespalten – dem Gründer Wegner verdanke man schließlich alles – und konnte ein Ausschlußverfahren nicht durchsetzen. Am Samstag sollte deshalb die Basis darüber befinden. Sieben Stunden dauerte die Debatte. Von „Stasi-Machenschaften“ wurde da geredet, „der Führer, der alles mit in den Abgrund reißen will“ wurde beschworen, und selbst die „Sekte mit Oberguru“ kam zur Sprache. Dann war es schließlich soweit: Aus für Wegner und „Kammerdiener“ Scheelhaase.

Wegner-Widersacher Reichert wertet das Abstimmungsergebnis als „eindrucksvolle Bestätigung“ und ist „erleichtert“. Seine Rest- Statt-Gruppe hatte ihrerseits mit Austritt gedroht, falls Wegner trotz seines „parteischädigenden Verhaltens“ Statt-Mitglied bleiben könnte. Mit dem Rausschmiß sind nun auch die Regierungskrise und drohende Neuwahlen vom Tisch; die Statt-Fünf wollen die Kooperation mit der SPD „fortführen wie vereinbart“. Silke Mertins