ABM beschafft Geld

■ Wirtschaftsförderung im Osten durch Sparen am zweiten Arbeitsmarkt

Berlin (taz) – In den neuen Bundesländern gibt es nach Berechnung der Bundesregierung 170.000 Arbeitsplätze mehr als vor einem Jahr. „Es muß darüber nachgedacht werden, ob es nicht sinnvoll ist, einige Dinge zurückzufahren und das Geld woanders zu investieren“, formulierte Johannes Ludewig aus dem Bonner Wirtschaftsministerium gestern bewußt vorsichtig. Mit „einigen Dingen“ meinte er vor allem ABM-Maßnahmen und andere Förderungswege des zweiten Arbeitsmarkts.

Die Wirtschaftsminister Ostdeutschlands hatten ihn bei ihrem Treffen in Berlin darauf hingewiesen, daß extrem viele Betriebe an Kapitalschwäche litten. Um mehr Stützgelder zu haben, plädiert auch der sächsische Staatssekretär Rüdiger Thiele für ABM-Einsparungen. In seinem Land sind offiziell 280.000 Menschen und damit 14 Prozent ohne Job. Wenn man die Leute in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen hinzurechnet, sind es 150.000 mehr – ohne Einberechnung der Vorruheständler.

Aber nicht nur viele ABMler werden unerfreuliche Post bekommen. Auch Banken müssen damit rechnen. „Die Kontokorrentkredite sind für Firmen im Osten im allgemeinen mehrere Prozentpunkte höher als im Westen“, hat der SPD-Minister Harald Ringstorff aus Mecklenburg-Vorpommern festgestellt. Sobald ein Katalog der Vorwürfe erstellt ist, wollen die Landesregierungen in einen „grundsätzlichen Dialog“ mit den Banken eintreten. Einig war man sich gestern, daß der Transfer von West nach Ost mindestens noch bis zum Jahr 2000 anhalten muß. „Im Osten liegt das Bruttosozialprodukt bei 40.000 Mark pro Kopf, im Westen bei etwa 90.000 Mark“, so der Berliner Wirtschaftssenator Norbert Meisner. aje