■ Die Lösung eines Problems kommt immer aus der Küche
: Wisch-und-weg-Weisheiten

Tränkt Ihr Lover morgens nach dem Aufstehen die Schnürsenkel in essigsaurer Tonerde? Reibt sie oder er die Rolladengurte mit einer Kerze ein, zur längeren Haltbarkeit? Sieht es in der Wohnung Ihrer Freunde aus wie in einem Südfrüchtespeicher, weil sie den Haushalt nur noch in orangefarbenen Netztaschen organisieren?

Menschen, die diese oder ähnliche Symptome zeigen, müssen Ihnen keineswegs seltsam oder gar wunderlich erscheinen. Diese Menschen sind einfach schlauer. Denn Lesen bildet.

Regelmäßig montags und donnerstags erscheint auf „Ihrer Seite“ in Bild die Rubrik (man sollte angesichts der enormen Originalität besser Kolumne sagen) „Frauen raten Frauen“. Hier werden Tips und Anregungen ausgetauscht, die entweder im privaten Haushaltslabor entwickelt oder seit Mütter- Generationen weitergereicht wurden:

Netztaschen von Apfelsinen kann man noch gut zum luftigen Aufhängen von Gemüse verwenden. Claudia Fischer, Mainz.

Das klingt plausibel und ist praktisch. Mit Geheimtips gegen die lauernden Abgründe des Alltags: Knopflöcher an Stricksachen leiern nicht aus, wenn man sie vor dem Waschen mit ein paar Stichen zunäht. Friedl Herve, Schonach. Wo Knopflöcher sind, da sind Knöpfe nicht weit. Und die wollen auch beschützt werden, nämlich so: Holzknöpfe lassen sich beim Waschen schützen, indem man sie mit Alufolie umwickelt. Sie werden dann vom Waschpulver nicht angegriffen. L. Reese, Hannover.

Einige Tips feiern in immer neuen Varianten begeisternde Renaissancen. Hierzu gehört ohne Zweifel die Beigabe von „einem Spritzer Essig“ in alle möglichen Wasch- und Spülessenzen – zur Erzielung höchster Streifenlosigkeit, Kalkfreiheit und Farbsicherheit. So wird Wäsche tuffig weich, wenn man beim letzten Waschvorgang 1/2 Liter guten Weinessig zugibt. Lucia Koch, Trier.

Ersetzen wir den Essig durch das ebenfalls sehr beliebte Kochsalz, dann sind wir auch schon bei Frau Brigitte Kock aus Rieseby angelangt, die nach umfangreichen Testreihen in der Waschküche zweifelsfrei ermittelt hat: Schwarze Kleidung nur in Salzwasser waschen, dann bekommt sie keine Grauschleier.

Frau Kocks Tips erscheinen in jeder zweiten Bild-Kolumne. Einfach drüber reiben, empfiehlt sie beispielsweise beim Entfernen von Kugelschreiberflecken auf Fingernägeln mittels Zahncreme.

Sabine May aus Ludwigshafen hat auch Rat parat:

Mop säubern geht ganz einfach – nicht am offenen Fenster ausschütteln, sondern den Staubwedel in eine Plastiktüte stecken, zubinden und schütteln. Der Mop wird staubfrei, Nachbarn bleiben unbestäubt.

Maria Kindel aus Berlin weiß, daß Fahrradspeichen nicht rosten, wenn sie vor dem ersten Fahren mit farblosem Lack eingepinselt werden. Und dann formuliert sie das Credo der gesamten Kolumne: Das ist zwar mühsam, lohnt sich aber.

Ein Klassiker in diesem Kosmos der Wisch-und-weg-Weisheiten ist das Waschmaschinenwaschen fragiler Kleinteile in geschlossenen Kopfkissenbezügen. Ob Lockenwickler, Leinenschuhe oder Zahnbürsten: Alles landet früher oder später in einem Kopfkissenbezug. Selbst das Zeit-Feuilleton war entzückt und druckte am 24. Februar nach:

Klebrige Legosteine werden sauber, wenn man sie in einen Kopfkissenbezug steckt und bei dreißig Grad in der Waschmaschine wäscht. Jutta Schmied, Hüttenberg.

Die Kolumne ist beseelt von dem Glauben, jede simple Belästigung sei ebenso simpel abzustellen. Die Lösung eines Problems kommt immer aus der Küche. Ja, Hoffnung. Bei allen Flugzeugabstürzen, Feuersbrünsten und Massenkarambolagen: Uns kann wirklich geholfen werden!

Streichen Sie Ihre neue Wohnung? Dann sollten Sie einen Teelöffel Vanille-Aroma auf 1 Liter Farbe geben. Die Räume riechen hinterher nicht so stark nach Farbe. Beatrix Ganz, Königsstein.

Die ganze Wohung ein Duftbäumchen. Im folgenden Tip geht es um Stabilität.

Fallen Ihnen die Saughaken mitsamt den Handtüchern immer von der Wand? Dann sollten Sie die Klebeflächen mit Eiweiß bestreichen. So kleben sie auf Fliesen wie angenagelt. Ingrid Emde, Wuppertal.

Mal ehrlich: An wie vielen Abenden haben Sie sich nicht vor die Tür getraut, sondern statt dessen vor dem Spiegel mit dem modischen Erscheinungsbild in der Gürtel-Enden-Gegend gehadert? Das hat jetzt ein Ende, denn: Gürtelenden stehen nicht mehr ab, wenn man ein Stück Klettband auf der Gürtelrückseite und der gegenüberliegenden Seite auf dem Gürtel befestigt. Christel Arnold, Waldmichelbach.

Von der bizarren Komik dieser Kolumne sind nur wenige zu begeistern. Dabei geht es um wirklich wichtige Dinge. Badewannenstöpsel saugen sich in der Badewanne oder im Waschbecken oft so fest, daß man sie nur mit Mühe wieder herausbekommt. Ein vorheriges Einreiben mit Vaseline schafft Abhilfe. Gerlinde Förster, Martinszell- Oberdorf.

Eine Woche später hielt eine Kontrahentin aus Osnabrück dagegen: Ohrstecker sollten Sie vor dem tragen mit einer Hautcreme einreiben. So gleitet der Stecker leichter durch das Ohrloch. Das Ohrläppchen wird nicht verletzt. Christiane Högermann, Osnabrück.

Dieser Exkurs, der sich wie ein kryptosexuelles Gleitcrememarketing liest, gipfelte am 27. März 1995 in einem Tip von – natürlich – Brigitte Kock, Rieseby: Vaseline sollte in keiner Reisetasche fehlen, denn sie dient als Ersatzschuhcreme, bei Kofferquietschen und als Lippenfett.

„Echt tough die Kolumne“, sagt mein Freund gelegentlich. „Nein, mein Lieber“, korrigiere ich, „echt tuffig.“ Christian Kortmann