Neue Ideen gegen den Leerstand

■ Der überparteiliche Verein "InstandWohnen" startet ein Pilotprojekt in der Kollwitzstraße: Ein seit Jahren leerstehendes Haus ohne Eigentümer soll mit öffentlichen und privaten Geldern saniert werden

Der Berliner Wohnungsmarkt bietet ein vertracktes Bild: Während über 100.000 Menschen eine Wohnung suchen, stehen beispielsweise im Ostteil der Stadt 10.000 Wohnungen leer – teilweise schon seit Jahren.

Um diesen Leerstand zu verringern und die Häuser vor dem Verfall zu retten, bei denen die Eigentumsverhältnisse auf Jahre ungeklärt sind, will der neue Verein „InstandWohnen“ jetzt zur Eigeninitiative greifen: Der Verein will Geld sammeln, leerstehende Wohnungen gerade in Prenzlauer Berg preiswert sanieren und sie dann fest vermieten. Dem überparteilichen Zusammenschluß gehören unter anderem die Bundestagsabgeordnete Wilma Glücklich (CDU), der Stadtrat Reinhard Kraetzer (SPD), der Sozialarbeiter Peter Neumann und Stefan Grizmek von der Wohnungsbaugesellschaft Prenzlauer Berg (WIP) an.

Bei 1.500 leerstehenden Wohnungen in Prenzlauer Berg ist in den nächsten fünf bis zehn Jahren nicht mit einer Klärung der Eigentumsverhältnisse zu rechnen. Die Wohnungsbaugesellschaften haben derzeit kaum das Geld, um deren Sanierung zu finanzieren. Gleichzeitig befürchten sie bei einer vorfinanzierten Sanierung, daß der spätere Eigentümer die Arbeiten für „überzogen“ hält und bei der Übernahme nicht für die geleisteten Reparaturen aufkommt.

„InstandWohnen“ will solche Konflikte umgehen. Beispiel Kollwitzstraße: Der Seitenflügel des Gebäudes steht seit Jahren leer, die 15 Wohnungen und das Gebäude sind schwer beschädigt. Nach einem Gutachten des öffentlichen Sanierungsträgers S.T.E.R.N würde eine reguläre Instandsetzung des Gebäudes 1,8 Millionen Mark kosten. Die Eigentumsfrage ist auch hier sehr verworren. Die Entscheidung über den endgültigen Eigentümer des Hauses wird sich wohl noch Jahre hinziehen.

„InstandWohnen“ wird nun die Sanierung übernehmen. Die Finanzierung soll teilweise aus einem Fördertopf für obdachlose Mädchen kommen, denn fünf der Wohnungen werden an bedürftige junge Frauen vergeben werden. Für die restlichen Wohnungen soll Geld aus Mitteln der EU für ökologische Stadtsanierung bereitgestellt werden. Diese Wohnungen sollen an Leute vermietet werden, die die „vielfältige, soziale Mischung des Bezirkes“ repräsentieren, sagte Glücklich.

Gleichzeitig sollen die Lohnkosten für die Bauarbeiten dadurch gesenkt werden, daß vor allem mit ABM-Kräften zusammengearbeitet wird. Auch die Materialkosten sollen gesenkt werden, indem der Verein auf Baustoffe aus einem städtischen Materiallager in Spandau zurückgreift. Zudem habe eine private Firma für ökologisches Bauen als Sponsor finanzielle Unterstützung zugesagt, hieß es vom Verein.

Mit den Bauarbeiten soll Anfang nächsten Jahres begonnen werden. Ob der aufwendige Modellversuch auch auf andere leerstehende Gebäude übertragen werden kann, ist allerdings unklar. Schließlich sind auch Sozial- und EU-Fonds schnell erschöpft. Der Verein hofft auf einen regen Mitgliederzuwachs, um sein Projekt voranzutreiben und weitere Häuser zu sanieren. Glücklich sähe den Verein sogar am liebsten als politische pressure group gegen die Zustände auf dem Wohnungsmarkt. Heike Blümner