Marine entert Greenpeace-Schiff

■ „Rainbow Warrior II“ innerhalb der 12-Meilen-Zone vor Moruroa angegriffen. Atomtestphase hat begonnen

Paris/Papeete (dpa/AFP/AP/taz) – Französische Marineeinheiten haben am frühen Abend das Greenpeace-Schiff „Rainbow Warrior II“ in ihre Gewalt gebracht. Das Schiff wurde von maskierten und behelmten Soldaten von Schlauchbooten aus gestürmt, kurz nachdem der Dreimaster in die Zwölf-Seemeilen-Sperrzone um Moruroa eingedrungen war. Die Scheiben auf der Brücke wurden eingeschlagen, im Funkerraum hatten sich Besatzung und Journalisten verbarrikadiert. Nach rund 20 Minuten war die „Rainbow Warrior II“ in der Hand der Marine und wurde ins Schlepptau eines französischen Kriegsschiffes genommen. Greenpeace hatte zuvor neun Schlauchboote zu Wasser gelassen. Auch sie wurden innerhalb der Zwölf-Meilen-Zone von der französischen Marine aufgebracht.

Die Hinweise darauf, daß der Atombombentest unmittelbar bevorsteht, hatten sich immer mehr verdichtet. Unter Berufung auf japanische Regierungskreise meldete Le Monde sogar, die Bombe sollte gestern um 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit gezündet werden. In Paris hieß es lediglich, die Testphase habe begonnen.

Der französische Präsident Chirac blieb also erwartungsgemäß hart, doch die Protestwelle hat seine Selbstsicherheit sichtlich erschüttert. Seit Donnerstag abend sind in Paris alle Demonstrationen gegen die Atombombentests untersagt. Greenpeace hatte mit einer Protestfahrt auf der Seine und einer Menschenkette bis zum Élysée-Palast protestieren wollen. Das deutsche Greenpeace-Schiff „Beluga“, das mehr als drei Millionen Unterschriften gegen die Atombombentests nach Paris bringen wollte, liegt an einer Seineschleuse fest. Etwa 350 Demonstrierende haben sich gestern trotzdem in der Nähe des Amtssitzes von Chirac auf einer Seinebrücke niedergelassen. Über 200 von ihnen sind von der Polizei vorläufig festgenommen worden.

Chirac selbst ließ erklären, er lehne es ab, die Demonstranten persönlich zu empfangen. Gegenüber dem Nachrichtenmagazin Le Point bezeichnete der Präsident die Proteste als „Mischung aus irrationalen Ängsten und politischen Überlegungen“. In ein paar Wochen sei die Protestwelle wohl abgeklungen.

Vor dem französischen Atomtestgelände im Südpazifik kreuzen inzwischen acht Schiffe der internationalen Protestflotte. Nervosität herrschte auf der Fregatte „Prairial“, die das Greenpeace- Flaggschiff „Rainbow Warrior II“ ständig überwacht.

Der Kommandeur der französischen Armee in Polynesien hatte Greenpeace entschieden davor gewarnt, mit Tauchern zu den Atomtestgeländen auf den Atollen Moruroa und Fangataufa vorzudringen. Dies sei die „Art von Aktion, die jede Armee der Welt als die aggressivste ansieht“. Frankreich hat 15 Schiffe im Einsatz, um die Landung von Atomtestgegnern auf den Atollen zu verhindern.

Auch in Tahiti sind die Proteste schärfer geworden. Am Donnerstag waren rund 30 Menschen in die französische Luftwaffenbasis eingedrungen. nh Seiten 2 und 7