Der ostwestliche Doktor

Berliner Gesichter: Der aserbaidschanische Arzt Ahad Mohamedi Fahimi erhielt das Bundesverdienstkreuz für die Integration ausländischer Ärzte  ■ Von Zonya Dengi

Die Ehefrau Güler koordiniert die Termine, Schwiegertochter Sahar ordnet die Krankenakten. Sohn Sohrab holt sich medizinischen Rat, bevor er in seinem eigenen Behandlungszimmer einen Patienten empfängt. Es ist unübersehbar: In seiner Kreuzberger Praxis am Kottbusser Tor, umgeben von fast der ganzen Familie, hat der aserbaidschanische Arzt Ahad Mohamedi Fahimi seinen „Lebensmittelpunkt“.

Daran hat auch das Bundesverdienstkreuz, das ihm vor zwei Monaten überreicht wurde, nichts geändert. „Ich bin weiterhin in erster Linie praktizierender Arzt“, sagt der 63jährige Chirurg und Allgemeinmediziner. Die Auszeichnung wurde ihm überreicht für die Gründung zweier Vereine, die die Integration ausländischer Ärzte förderten: die Vereinigung iranischer Ärzte und die Vereinigung deutscher und ausländischer Ärzte. „Durch eine so große Vereinigung können mehr Diskussionen angeregt werden, beispielsweise über die schlechte Entwicklung des Gesundheitswesens oder die Diskriminierung ausländischer Ärzte“, sagt Fahimi, der im Vorstand dieser Vereinigung sitzt.

Um vor allem gegen diese Diskriminierung zu „protestieren“, gab er den Impuls für den Zusammenschluß iranischer Ärzte. Die Senatsverwaltung für Gesundheit diskriminiert Ärzte aus „Entwicklungsländern“, indem sie ihnen die Erlaubnis zur Weiterbildung verweigert. „Damit diese in ihre Länder oder andere „Entwicklungsländer“ zurückkehren, dürfen sie keine Facharztausbildung machen“, sagt Fahimi, der in den Sechzigern wegen seiner Facharztausbildung nach Berlin kam. Damals hatte er als türkischsprachiger Arzt sogar Vorteile. Durch die große „Einwanderungswelle von Gastarbeitern“ waren „ausländische Ärzte“ sehr gefragt. Letztendlich hat dieser „äußere Umstand“ auch sein ganzes Leben geprägt. Denn die Familie hatte 1967 die Koffer schon gepackt und befand sich fast auf dem Rückweg, als Fahimi gebeten wurde, ein weiteres Jahr im St.-Marien-Krankenhaus in Kreuzberg zu bleiben. Ähnlich wie viele ImmigrantInnen der ersten Generation dachte der gebürtige Iraner nicht an einen „dauerhaften Aufenthalt“ oder gar an eine „zweite Heimat“ in Berlin. Aber aus einem weiteren Jahr wurden zwölf Jahre“, sagt der dreifache Vater und doppelte Großvater ohne Wehmut.

Die meiste Zeit seines „Berliner Lebens“ hat er in Kreuzberg verbracht. „Nirgendwo arbeite ich lieber als in diesem Bezirk, wo Künstler, Arbeiter, Atheisten, Muslime sich tolerierend miteinander leben“, sagt Fahimi. Ganz besonders wichtig ist für ihn die Verknüpfung von Privatleben und Beruf. In einer kleinen Stadt, nahe am Kaspischen Meer, als Sohn eines Kaufmanns zur Welt gekommen, verbrachte er seine Kindheit in Teheran inmitten einer großen Verwandtschaft. „Ich war nie jemand, der sich bei romantischem Kerzenschein wohl fühlt“, erklärt der Arzt, der sich als „äußerst gesellschaftlicher Mensch“ charakterisiert. Die Voraussetzung für ein „harmonisches gesellschaftliches Leben“ sei die Demokratie, sagt der vor Ausgeglichenheit strotzende Chirurg. Daß es innerhalb der Ärzteschaft „demokratisch“ zugehe, dies beweise seine Wahl in den Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung und in die Delegation der Ärztekammer.