Feiern für König David

Bei den Feiern zur Gründung Jerusalems bleibt nichtjüdische Stadtgeschichte ausgeklammert  ■ Aus Jerusalem Amos Wollin

Mit einem Feuerwerk und Laserspielen am Himmel begannen gestern die Feiern zum 3.000jährigen Jubiläum der Gründung Jerusalems durch David. Die politischen Spitzen Israels und der Stadtverwaltung beobachteten das Spektakel gemeinsam mit geladenen Honoratioren von der Knesset aus, dem Sitz des israelischen Parlaments.

Die Feierlichkeiten sollen sich insgesamt über zwei Jahre erstrecken. Die Organisatoren waren vielfach kritisiert worden, weil sie sich einzig auf die jüdische Geschichte der Stadt konzentrieren. Die wesentlich ältere Geschichte der Stadt, die Zeit vor David, bleibt ebenso außen vor, wie die meisten islamischen und christlichen Elemente.

Vor Beginn hatte sich die Europäische Union (EU) vom einseitig nationalpolitischen Charakter der Feierlichkeiten distanziert. EU- Vertreter werden an den Veranstaltungen nicht teilnehmen.

Der Berliner Oberbürgermeister Eberhard Diepgen ließ sich wegen „interner politischer Angelegenheiten“ kurzfristig entschuldigen. Ursprünglich hatte er gemeinsam mit seinem Jerusalemer Amtskollegen Ehud Olmert die Schirmherrschaft über die Eröffnungskonzerte durch die Berliner Staatsoper übernommen. Von der Einladung sonstiger offizieller Vertreter aus dem Ausland hatten die israelischen Gastgeber vorsichtshalber Abstand genommen. Auch der israelische Staatspräsident Ezer Weizmann war gestern nicht dabei. Wegen einer akuten Augenentzündung mußte er dem Eröffnungsakt fernbleiben. Die orthodoxen Parteien im Jerusalemer Stadtrat hatten angesichts der Aufführung von Beethovens Oratorium „Christus auf dem Ölberg“ mit einer Koalitionskrise gedroht. Letztendlich konnten sie jedoch davon überzeugt werden, daß die Veranstaltung im Interesse der Zukunft eines jüdischen Jerusalem sei. Eventuellen Störungsversuchen durch Ultraorthodoxe während der Aufführung sahen die städtischen Organisatoren gestern gelassen entgegen.

Palästinensische Persönlichkeiten sind bei den Feierlichkeiten nicht vertreten. Am Samstag hatte der für die Verwaltung der islamischen Heiligtümer der Stadt zuständige Adnan Husseini zum Boykott aller Veranstaltungen aufgerufen. Der Appell erfolgte während einer Konferenz aller palästinensischen Organisationen im Orient-Haus, dem Sitz der PLO in Jerusalem. Der PLO-Vertreter in der Stadt, Faisal Husseini, erklärte seine Unterstützung des Boykotts. Er betonte, daß das von der israelischen Stadtverwaltung organisierte Fest den wahren Charakter der Stadt und ihrer Geschichte verfälsche. Die Teilnehmer der Konferenz verurteilten israelische Maßnahmen für eine noch rapideren Judaisierung des Raums Großjerusalem. Muslime und Christen wurden zum gemeinsamen Widerstand gegen die Verdrängung der arabischen Bevölkerung aus Jerusalem aufgerufen. Initiiert hatte die 3.000-Jahr-Feiern bereits vor neun Jahren der damalige Bürgermeister der Stadt, Teddy Kollek. Gestern erklärte er, der eigentliche Sinn des Unternehmens bestehe in der internationalen Festigung des Status von Jerusalem als ungeteilte Hauptstadt Israels.

Auch Kolleks ehemaliger Stellvertreter Meron Benvenisti meldete sich gestern zu Wort. Er ist von den Feierlichkeiten wenig angetan, da es sich lediglich um ein „Stammesfest“ der Juden in Jerusalem handele. Der Zeitpunkt der Davidstadt-Gründung sei eine Fiktion, die Wirklichkeit „in dieser geteilten und vielfach gespaltenen Stadt ist kompliziert“, kritisierte er. Jerusalem sei „eine fanatische Stadt, wo alles exklusiv und unter Ausschluß aller anderen jeweils nur einem Gott gehören soll“.

Die Kosten der Veranstaltungen, die sich bis Ende 1997 hinziehen sollen, betragen angeblich umgerechnet 12 Millionen Mark. Das Geld kommt vor allem aus dem Ausland. So wird der Auftritt der Berliner Staatsoper vom Berliner Senat, der Berliner Klassenlotterie und von Sony finanziert.