Nicht nur Gäste auf diesem Planeten

■ In Peking beginnt die Weltfrauenkonferenz der UNO mit scharfen Angriffen gegen die chinesischen Gastgeber

Peking (taz) – Mit einem Aufruf zum Handeln und zur Verantwortung für kommende Generationen ist gestern die 4. UN-Frauenkonferenz in Peking eröffnet worden. Die bisher größte Konferenz über die Rechte von Frauen sei ein „Meilenstein“ in der Geschichte der Vereinten Nationen, hieß es in der Grußbotschaft von UN-Generalsekretär Butros Ghali. Ghalis Vertreter Kittanni dankte den ChinesInnen für ihre Gastfreundschaft – ohne die Schwierigkeiten der unabhängigen Frauengruppen (NGOs) 50 Kilometer außerhalb Pekings zu erwähnen.

Indirekt prangerte die pakistanische Ministerpräsidentin Benazir Bhutto Chinas Familienpolitik an. „Die Konferenz muß ein Klima schaffen, in dem Mädchen genauso willkommen sind und geschätzt werden wie Jungen.“ Die Tötung neugeborener Mädchen ist in China wie in anderen asiatischen Ländern weit verbreitet.

Bhutto trat allerdings auch der Ansicht entgegen, der Islam gestehe Frauen nur einen Status zweiter Klasse zu. Immerhin gebe es außer ihr noch zwei weitere Regierungschefinnen in der islamischen Welt, in Bangladesh und der Türkei. Im Vorfeld war es insbesondere über die Rolle der Frauen in Familie, Gesellschaft und Religion zu Streitigkeiten gekommen. Eine seltsame Allianz konservativer Kräfte in den USA, aus dem Vatikan und islamischen Ländern sieht durch die Konferenz die Werte der Familie untergraben.

Nach Auskunft der UNO sind bisher über 3.000 Delegierte aus 181 Ländern eingetroffen. Sie werden in den kommenden zwölf Tagen eine 120seitige „Aktionsplattform“ diskutieren, in der die Frauenpolitik der nächsten zehn Jahre festgelegt wird. Im Mittelpunkt stehen die Themen Armut, Gewalt gegen Frauen, Familienplanung sowie Frauenrechte als Menschenrechte. Allerdings sind viele Punkte noch umstritten. Die zu erwartenden Auseinandersetzungen drehen sich um unterschiedliche Auffassungen über die Rolle von Frauen in der Gesellschaft.

Die Generalsekretärin der Konferenz, Gertrude Mongella, trat der weitverbreiteten Kritik an den nicht bindenden Worten der UNO-Dokumente entgegen. Auf der Weltfrauenkonferenz müsse jede Regierung Prioritäten festlegen, spezifische Angaben zum Budget machen, das sie für Frauenpolitik vorsehe und erklären, welche Schritte sie zur Umsetzung der Ziele der Aktionsplattform ergreifen wolle.

Die Eröffnungsreden drangen kaum zum Frauenforum der regierungsunabhängigen Organisationen nach Huairou vor. Dort demonstrierten einige hundert Frauen gegen Krieg und sexuelle Gewalt. Organisiert wurde die Demonstration von Frauen aus der Bewegung „Women in Black“, die ursprünglich aus israelischen Friedensgruppen hervorgegangen ist. In Huairou wurden die Frauen von Zivilpolizisten daran gehindert, das Gelände des NGO-Forums zu verlassen. Neben zahlreichen Transparenten, die gegen sexuelle Gewalt demonstrierten, stand auf einigen Schildern aber auch zu lesen: „Erinnert euch an Tiananmen!“ Die Veranstalterinnen hatten in den letzten Tagen gegen die Überwachung durch chinesische Beamten protestiert. Karin Gabbert