Die Gleichheit im Land der Perücken

■ Momentaufnahmen vor der Französischen Revolution: James Ivorys Jefferson in Paris

Was heute lebende Amerikaner von Paris denken, ist im Moment in einigen Kinofilmen zu sehen. Wie aber mag sich ein Amerikaner in Paris fühlen, der eben noch an der Unabhängigkeitserklärung der eigenen Nation rumdokterte und kurz darauf im überpuderten Frankreich vor einem gewissen Louis XVI. den Dreispitz ziehen muß?

Auf der einen Seite die proklamierte Gleichheit der Menschen, auf der anderen Seite die Löckchen-Perücken der Monarchie. Der arme Amerikaner, der diesem Wechselbad ausgesetzt ist, heißt Thomas Jefferson (Nick Nolte) und vertritt seine USA um 1784 als Botschafter am französischen Königshof. Doch bald wird Jefferson, der noch dazu aus Virginia stammt, der Seelenspiegel vorgehalten, von wegen der Sklaverei bei der Tabakernte. Master Thomas ist das alles höchst unangenehm, als er merkt, daß die Franzosen einfach nicht verstehen können, daß es zwischen Schwarz und Weiß „naturbedingte Unterschiede“ gibt.

Doch als ob der verwirrten Gefühle noch nicht genüge getan ist, verliebt sich unser amerikanischer Held in Maria Cosway (Greta Scacchi), eine englische Musikerin und Malerin. Diese ist zwar intelligent, fortschrittlich und bezaubernd, aber dennoch vergeben. Jefferson weiß kaum ein noch aus. Auch so kann sich also ein Amerikaner in Paris fühlen.

James Ivory versucht in dem Epos Jefferson in Paris die Eindrücke vom Vorabend der Französischen Revolution einzufangen: Konig Louis XVI., der sein Volk liebt, aber als Marionette seiner verschwenderischen Königin Marie Antoinette nur weinend scheitern kann. Das geknutete und drangsalierte Volk, das sich kaum entschließen kann, welchen der diversen Minister es zuerst auf der Guillotine sehen möchte, und immer wieder der gepuderte Adel, der die Gefahr einer Revolution in Vogel-Strauß-Manier ignoriert.

Momentaufnahmen einer Zeit kurz vor den großen Umwälzungen. Eine Geschichtsstunde von der Leinwand, mit teilweise bemerkenswerten Schauspielern und opulent purpurnen Bildern. Warum aber ein derart paddeliger Botschafter wie Thomas Jefferson ab 1801 der dritte Präsident aller Amerikaner werden konnte, ist nun ein neues Rätsel.

Christoph Arndt