Neun Frauen gegen einen Konzern

■ Der lange Marsch der Kiyoko Kitagawa von der Werkbank bei Sumitomo zur UNO-Frauenkonferenz in Peking

Tokio (taz) – Kiyoko Kitagawa zählt zu den Frauen, die japanische Männer zunehmend irritieren, indem sie auf ihren Rechten bestehen. Die 55jährige Kitagawa arbeitet seit 35 Jahren im Metallwerk des Sumitomo-Konzerns. Als sie 1965 heiratete, wurde ihr prompt ein einsam gelegener Schreibtisch zugewiesen, aber keine Arbeit mehr. Sie war damals die erste Frau in der Firma, die nach der Heirat den Job nicht aufgab. Einige Jahre verbrachte sie ihre Arbeitszeit mit Lesen.

Als dann ihr erster Sohn geboren wurde und die Mutter mit Mühe eine private Kindesversorgung arrangierte, sagte der Abteilungsleiter zu ihr: „Sogar Hunde- und Katzenmütter ziehen ihre Kinder selber auf. Aber du läßt dein Kind im Kinderhort. Hunde und Katzen sind besser als du.“ Aber Kitagawa gab nicht auf. In den letzten zehn Jahren arbeitete sie sich auf der Karriereleiter hoch und ist heute zuständig für die Ausbildung der jüngeren weiblichen Angestellten. Dabei mußte sie eines Tages feststellen, daß ein Kollege von ihr, der Hilfsarbeiten verrichtete, pro Jahr umgerechnet 30.000 Mark mehr verdiente als sie, obwohl sie acht Jahre länger im Betrieb arbeitete als er. In Japan ist die Betriebszugehörigkeit für das Gehalt ausschlaggebend.

Kitagawa bat daraufhin die Gewerkschaft, ihr genauere Daten über die Lohnunterschiede von Frauen und Männern zu geben. Von den Genossen bekam sie immer wieder zu hören: „Es gibt keine Frauendiskriminierung.“ Aber die Daten bekam sie nie.

Seit einigen Wochen läuft nun ein Prozeß von Kitagawa und acht weiteren Sumitomo-Frauen gegen ihren Konzern und den Staat. Die Frauen verlangen den gleichen Lohn wie ihre männlichen Kollegen. Präzedenzurteile zugunsten von Frauen hat es in solchen Fällen bereits gegeben. Schließlich gibt es in Japan seit 1985 ein Gesetz, das die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz verbietet. Kiyoko Kitagawa sagt: „Wir wollen das offenlegen, was viele andere Frauen eigentlich anklagen wollen, aber aufgrund der Angst um ihren Arbeitsplatz nicht können.“ Auch deswegen ist sie nach Peking gefahren und veranstaltet dort auf dem alternativen Forum eine Arbeitsgruppe zum Thema „Diskriminierung am Arbeitsplatz“. Chikako Yamamoto