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Die Krajina-Serben: Opfer politischer Manipulation

■ Belgrad und Zagreb haben kein Interesse an der Rückkehr der Flüchtlinge

Berlin (taz) – Vor dem Verbindungsbüro der kroatischen Regierung in Belgrad stehen Krajina- Serben Schlange. Alle diejenigen, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, wollen in die Krajina zurückkehren. Bislang sei die Rückkehr aber an bürokratischen Schikanen gescheitert, so eine Mitarbeiterin des „Helsinki-Komitees für Menschenrechte in Serbien“ gegenüber der taz. Selbst das UNO-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) bemühe sich nicht um eine Rückkehr der Flüchtlinge.

Das Regime in Belgrad benutze die Tragödie der Krajina-Serben, um die Aufhebung der internationalen Sanktionen zu erreichen, heißt es im jüngsten Bericht des Helsinki-Komitees. Gespräche mit der EU-Beauftragten für Humanitäre Hilfe habe Belgrad mit der Begründung abgelehnt, die beste Hilfe für die Flüchtlinge sei eine Aufhebung der Sanktionen. Nach Ansicht des Helsinki-Komitees ist der Exodus der Krajina-Serben in Belgrad organisiert worden, weil Serbien sich nicht auf eine militärische Konfrontation mit der kroatischen Armee einlassen wollte.

Das Komitee berichtet ferner, daß wehrfähige Flüchtlinge nach wie vor von der serbischen Polizei gekidnappt und in den Dienst der bosnisch-serbischen Armee gezwungen werden. Familienväter hätten sich wiederholt an das Helsinki-Komitee gewandt, nachdem ihre Söhne von der Polizei verschleppt worden seien. Das Komitee bestätigt auch, daß Kroaten und andere nichtserbische Einwohner aus ihren Häusern vertrieben wurden, um die Flüchtlinge dort einzuquartieren.

Die systematischen Brandschatzungen und Raubzüge in der Krajina selbst wurden nicht nur von rachedurstigen kroatischen Zivilisten durchgeführt, wie dies die kroatische Regierung bislang stets behauptet hatte, sondern auch von Polizei- und Militäreinheiten. Zu diesem Ergebnis ist eine Untersuchungskommission der „Internationalen Helsinki-Föderation“ gekommen, die das Gebiet um Knin drei Tage lang bereiste. Die Kommission begab sich auch auf den Friedhof von Knin, wo ein Massengrab mit serbischen Opfern vermutet wurde. Das Grab wies 86 Holzkreuze auf. Kroatische Militärs gaben an, dort seien 74 serbische und zehn kroatische Soldaten sowie zwei Zivilisten begraben. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), so die Militärs, habe an der Identifizierung und Beisetzung der Opfer mitgewirkt. Dies wurde nach Angaben des Komitees von einem Sprecher des IKRK entschieden bestritten. Die Kommission befragte auch Augenzeugen, die von willkürlichen Erschießungen und systematischen Mißhandlungen berichteten. Georg Baltissen

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