Wickert muß noch dünner werden

■ Die Rundfunkgebühren sollen um 3,40 Mark steigen: Doch die ARD erhält mit 1,40 Mark nur Brosamen davon

Berlin (taz) – Das Erste muß sich dünn machen: Bei der geplanten Erhöhung der Rundfunkgebühren soll die ARD nur ein Drittel des Geldes bekommen, das sie im April beantragt hatte. Zum 1. Januar 1997 sollen die Rundfunk- und Fernsehgebühren von monatlich 23,80 auf 27,20 Mark steigen.

Doch das Erste kriegt nur 1,40 Mark davon, zwei Mark gehen dagegen ans ZDF. Das will die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Anstalten (KEF) nach taz-Informationen vorschlagen. 3,40 Mark mehr – soviel werden die Sachverständigen in ihrem ersten Berichtentwurf empfehlen, der den Anstalten im Oktober offiziell zugeleitet wird. Die Zahlen wurden den Verwaltungsdirektoren der Anstalten auf der Sitzung ihrer Finanzkommission am letzten Donnerstag bekanntgegeben.

Nach dem Schlußbericht der KEF, der für Jahresende angekündigt ist, müssen die Ministerpräsidenten der Länder und anschließend die Länderparlamente endgültig über die Rundfunkgebühren entscheiden. Sollten sie die Vorschläge der regierungsunabhängigen KEF übernehmen, die seit April die detaillierten Finanzpläne von ARD und ZDF geprüft hat, dann könnte das ZDF recht zufrieden sein, für die ARD wäre es dagegen ein finanzieller Reinfall. Das zeigt ein Vergleich mit den im Frühjahr von den Sendern beantragten Summen. Die Anhebung für den Mainzer Kanal läge mit zwei Mark nur leicht unter den gewünschten 2,20 Mark, während bei den ARD-Anstalten die 1,40 Mark nur ein gutes Drittel der beantragten 3,85 pro Teilnehmer ausmachen. Die Anhebung der Gebühren ab 1997 wird die erste nach fünf Jahren Gebührenstabilität sein und soll vier Jahre, bis zum Ende des Jahres 2000, gelten. Seit der letzten Festsetzung, so argumentieren die Rundfunkanstalten, sind die fernsehspezifischen Kosten erheblich gestiegen, nicht zuletzt aufgrund der Konkurrenz der Privatsender. Vor allem haben diese den Öffentlich-Rechtlichen das Gros ihrer Werbekunden abspenstig gemacht. ZDF-Intendant Dieter Stolte wurde seit dem letzten Jahr nicht müde, öffentlich vorzurechnen, daß sein Sender ab 1996 Geld auf dem Kreditmarkt aufnehmen müsse, wolle man das Programm nicht einschränken. Bislang galt zwischen ARD und ZDF eine Aufteilung der Fernsehgebühren im Verhältnis 70:30. Daß dieser starre Schlüssel zugunsten einer eigenen Bedarfsprüfung beider Sender aufgegeben werden soll, haben die Ministerpräsidenten der Länder bereits im Juni beschlossen. Die Prüfungskommission KEF hat die zusätzlichen Gebühren jetzt zugunsten des ZDF umverteilt, das bis zur Abwanderung der meisten Werbekunden zu den Privaten zu 40 Prozent von Einnahmen aus Werbespots abhängig war.

Zu Anfang dieses Jahres hatten sich vor allem Politiker der CDU/CSU, an vorderster Stelle Kanzler Kohl, gegen eine Gebührenerhöhung ausgesprochen. Dabei ging es nicht nur um die politisch mißliebige ARD, vor allem deren sogenannte Konzernzentrale, wie Stoiber und Biedenkopf den WDR nannten. Vor allem wollte die Mehrzahl der Unionspolitiker damit die teuren digitalen Techniken den Privatsendern allein überlassen.

Michael Rediske Kommentar Seite 10