■ Der neugewählte Juso-Vorstand bietet die Chance, wieder mehr Einfluß auf Politik und Programm der SPD zu nehmen
: Kampf der SPD-Vergreisung!

Waren das noch Zeiten! Es ist schon lange her, daß die Jusos mit Spaß und Radikalität das deutsche Bürgertum schockierten, die eigene Partei bis zur Weißglut reizten und trotzdem noch die fähigsten Nachwuchskräfte der SPD stellten. Aber obwohl Polit- Nostalgiker in der Regel in höherem Alter sind, bemühten sich auch allzu viele Jusos nach dem Epochenumbruch 1989 krampfhaft, überholte politische Inhalte und Kommunikationsformen in eine veränderte Welt zu retten. Mit schlimmen Folgen: Nie hatte der SPD-Nachwuchs weniger zu sagen als heute.

Während in den CDU-Landtagsfraktionen Köpfe aus der Jungen Union Verantwortung übernahmen und mit schwarz-grünen Signalen spannende Debatten schürten, stritten die zuletzt in mehrere Lager gespaltenen Jusos hauptsächlich gegen den Feind in den eigenen Reihen. Die SPD-Führung, des peinlichen Schauspiels leid, spielte schon mit dem Gedanken, sich einen neuen Jugendverband anzuschaffen.

Mit Andrea Nahles haben die Jusos nun eine Kandidatin an ihre Spitze gewählt, die sich keinem der Lager zuordnen lassen will. Ebenso wichtig ist aber, daß nach den Wahlen zum neunköpfigen Juso-Vorstand die drei Machtblöcke in gleicher Stärke vertreten sind. Das bietet die Chance, sich statt um den Hauskrach in Zukunft um die Hausarbeiten des Jugendverbandes zu kümmern und ihm mit Auseinandersetzungen in der Sache wieder mehr Einfluß auf Politik und Programm der SPD zu erkämpfen.

Keine Partei hat eine lebendige Nachwuchsorganisation so nötig wie die Sozialdemokratie: Die Generation der heute fast schon 50jährigen Enkel Willy Brandts hält die SPD fest im Griff, nach ihnen gähnt ein Generationenloch in Führungsgremien und Bundestagsfraktion. Scharping ist mit 48 Jahren einer der jüngsten SPD-Spitzenpolitiker.

Wenn die Jusos mit dem Neuanfang eine Chance haben sollen, der Vergreisung der SPD-Spitze zu begegnen, dann müssen sie sicher mit Parteitagsanträgen für die Interessen Jugendlicher kämpfen, wie das Andrea Nahles plant. Dann müssen aber auch die Enkel den Urenkeln ein paar Sessel räumen. Die haben zumindest ihre Personalquerelen überzeugender beendet als Scharping und Schröder. Hans Monath