Der Panzer im Wasserbett

■ Ein Ganng durch den postmodernen Konsumjungle der Hafa

“Nicht alle unsere Wünsche, aber alle Verheißungen erfüllt Gott...“ Die subversivste Botschaft auf der Hafa kommt natürlich von der Deutschen Bibelgesellschaft. Mit einem Dietrich-Bonhoeffer-Zitat wollen sie die Besucher des Konsumtempels auf der Bürgerweide zur Besinnung bringen. Doch die Götzen des Kommerzes strahlen hell, und die Bibelfreunde halten zur inneren Einkehr nur ein kompliziertes Bibelmathematikspiel bereit (suche Mose 30,14).

Statt aber nach Bibelzitaten zu forschen, eilt der konsumfreudige Bürger lieber zu den weniger sperrigen Angeboten. Man mag Bonhoeffer auch nicht so recht glauben. Verheißt doch schon die Hafa die Erfüllung aller Wünsche. Wer wäre beispielsweise nicht gerne im Besitz des „schnellsten Quirls der Welt“, und wer möchte nicht „sein zartes Neugeborenes 'menschengerecht– lagern“, wie ein Wasserbettenhändler sein Produkt anpreist? : „Hackt...mahlt...schlägt..rührt:“ So wirbt der Mixer Namens Zauberstab für sich, aggressiv als hätte er Absatzprobleme. Trotzdem: Hat sich der Kapitalismus je ehrlicher beschrieben?

Von Halle zu Halle wandelt der Besucher auf den Pfaden des Warenfetischs. Alles ist mit allem vereinbar und jedes Produkt, jede Dienstleistung wird harmonisch verknüpft: Kunst und Babypension, Kosmetik und Irish Pub, Kindergarten, Kunstaustellung, CDU und Creativ-Centrum.

Die Messeleitung vereinigt, was unvereinbar scheint: Denn ob Naturkosmetik oder Acrylschutz fürs Auto: gemeinsam ist allen die Verheißung auf ein Leben mit Spaß ohne Reue: Zwischen den leicht daherkommenden Kommerz wurde auch der Kunst Breschen geschlagen: Sowohl das Bremer Theater als auch das Junge Theater bieten Kultur an auf der Hafa. Eingekeilt zwischen Pelzen und Leder verteidigt das Bremer Theater die Kultur gegen den Exklusivitätsanspruch der Warenwelt. Allerdings, meint Nanette Ortmann vom Theaterstand, sei der Platz in der „Bremen Brillianthalle“ nicht sehr günstig. „Wir haben den Stand aber umsonst bekommen, weil die haben sonst nicht gewußt, was rein tun in die Lücke.“ Die Messebesucher seien aber nicht unbedingt an Theaterabos interessiert. „Wilde Mischung hier auf der Hafa“ meint Hans Dieter vom Jungen Theater zu seiner Standecke. Links der Hörgeräteshop, daneben das etwas andere Bestattungsinstitut, links vorne die CDU und ihr „Entscheiden und Handeln“-Logo, schräg gegenüber berät die Kriminalpolizei, was zu tun sei gegen die kriminellen Konsumneider.“ Die CDU hat sich auch schon beschwert, wenn wir zu laut Theater machen“, meint der Theatermensch. So bleibt die Kunst fast unsichtbar. Verwirrung in der Warenwelt, stiften ganz andere.

Kommt der Besucher in Halle 1 an die nordöstliche Ecke, erblickt sein vom Warenglanz erfreutes Auge ein erschreckendes Bild: gepanzerte Fahrzeuge in dreckigem Olivgrün, junge Männer mit extrem kurzen Haaren und im Kampfanzug und eine hinterm Panzer drappierte riesige Deutschlandfahne. Ein Stand der Wiking Jugend? Ein neonazistischer Überfall auf die Hafa? Mag es dem unbefangenen Betrachter durch den Kopf jagen. Aber es ist nur unsere Bundeswehr. Schlägt sie ideologische Breschen in die heile Konsumwelt? Zeigt sie den knochenerweichten Messebesuchern die harte Realität jenseits von McDonalds und Babywasserbett? Nein, sie sucht mit bunten Bildern und Phantompostern den gleichen Verkaufserfolg wie alle anderen und möchte junge Männer die Landesverteidigung ans Herz legen. Wer sich noch anwerben lassen oder nur übers zwischen Haushaltswaren und Krankenversicherungen schlendern möchtene, hat noch bis zum nächsten Sonntag die Möglichkeit die Hafa zu besuchen. ugs