Doch noch Meeresbestattung für Brent Spar?

■ Britischer Staatssekretär nennt Greenpeace „Umweltterroristen“ und droht bei weiteren Protesten mit dem Ausstieg seines Landes aus internationalen Verträgen

Dublin (taz) – Shell wittert Morgenluft. Nachdem Greenpeace wegen falscher Angaben über die Schadstoffmenge an Bord der Versorgungsinsel Brent Spar kritisiert worden ist, hat der Ölmulti das Meeresbegräbnis wieder ins Spiel gebracht. Aufgrund einer breiten Protest- und Boykottwelle hatte Shell Ende Juni die Versenkung der verseuchten Stahlinsel abgeblasen und sie statt dessen in eine Bucht nördlich der norwegischen Hafenstadt Stavanger geschleppt. Dort harrt sie nun einer Entscheidung, die aber nicht mehr in diesem Jahr getroffen wird. Derzeit untersucht die norwegische Firma Det Norske Veritas, welche Stoffe an Bord sind und wie das 137 Meter hohe Ungetüm am besten verschrottet werden könnte.

Der Shell-Vorsitzende Chris Fay sagte nun in einem Interview mit der BBC, daß man „keine Option von vornherein ausschließen“ könne – auch nicht die Versenkung. Offenbar haben Shell und andere Ölmultis einer Reihe von Werbefirmen ein vertrauliches Papier vorgelegt. Darin geht es um einen Werbefeldzug, mit dessen Hilfe „ein Klima der politischen und öffentlichen Meinung hergestellt werden kann, das die Umsetzung solcher Entscheidungen ohne Angst vor negativen öffentlichen Reaktionen“ gestattet.

Unterstützung erhält Shell von der britischen Regierung. Der Staatssekretär im Handelsministerium, Tim Eggar, sagte, die Versenkung im Meer sei nach wie vor die beste Option: „Unsere Untersuchungen, die dreieinhalb Jahre dauerten, haben das ergeben.“ Regierungsbeamte behaupten, das Unglück auf der Ölbohrinsel Piper Alpha, die 1988 nach einem Feuer mit 166 Menschen an Bord versank, habe das Meeresleben nicht beeinträchtigt, obwohl die Insel weit gefährlichere Chemikalien enthielt als die Brent Spar.

Dann fuhr Eggar schwerere Geschütze auf: Er bezeichnete Greenpeace als „Umweltterroristen, Erpresser und Gefahr für die Demokratie“. Er drohte mit dem Ausstieg aus internationalen Abkommen, wenn sich Umweltorganisationen wie Greenpeace weiterhin dem Willen von Regierungen widersetzten. „Das ist eine ganz gefährliche Entwicklung“, meinte Eggar. „Es bedeutet, daß Erpressung über fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse triumphiert.“

Ein Sprecher von Greenpeace tat Eggars Äußerungen als „idiotisch“ ab und fügte hinzu: „Die Ansichten und Wertvorstellungen der Menschen sind auf unserer Seite, und nicht auf seiner. Sie können für ihre Werbekampagne soviel Geld ausgeben wie sie wollen, aber sie werden die öffentliche Meinung nicht umbiegen.“ Ralf Sotscheck