Im kleinen center court

■ Auch Minigolfer strecken die Nase in den Zeitgeistwind

Zu den immer weiter um sich greifenden Extrem-Sportarten wie River-Rafting, Free-Climbing und Bungee-Jumping hat sich – in aller Stille – eine weitere gesellt: Kleingolf. Immer die Nase im Zeitgeist-Wind, war Kleingolf-Aktiven der etwas hausbackene Name für ihren Sport nicht fetzig-spritzig genug. Minigolf mußte das gleich heißen. In aller Stille, das ist hier im doppelten Sinne gemeint. Denn auf dem center court der Minigolf-Turfs werden kleine weiße Bälle auf Geschwindigkeiten gebracht, bei denen das menschliche Auge nur noch das Nachsehen hat. Und das kann ins Auge gehen, aber auch ins Aus, wobei dann Außenstehende gefährdet werden. Klar, daß dabei die Extrem-Golfer, die immer neue Herausforderungen brauchen, nicht gestört werden wollen.

Der taz gelang es trotzdem, eines dieser unschuldig hinter Bäumen versteckten Adventure-Camps ausfindig zu machen – und einen Blick hinter die Kulissen und auf die vom Leistungsdruck verzerrten Gesichter der Kleingolfer zu werfen.

Nichts weist hier, in der abgelegenen Ecke im Bürgerpark, auf die Existenz einer Kleingolf-Anlage hin. Von einem Jägerzaun geschützt und einem Wachhäuschen zusätzlich gesichert, ziehen die Golfer hier ihre Bahnen. Ein klitzekleines, handgeschriebenes Schild verkündet nur das Allernötigste: Werktags 11-20, Sa/So 11-20, E 4 DM, K 3 DM, keine Ermäßigung, bei ungünstiger Wetterlage geschlossen. Minigolf-User geben sich unauffällig. Kein Boy, der das Equipment über sieben Hügel zum nächsten Loch trägt. Die green fee ist mit vier Mark scheinbar sozialverträglich. Scheinbar, denn: Keine Ermäßigung!

Was mag wohl in dem Diplomatenkoffer aus Lederimitat sein, den ein älterer Spieler neben sich abgestellt hat? Spezialbälle mit Krypton-Beschichtung, mit denen ein Drive möglich wird, der von der Internationalen Kleingolf-Liga geächtet ist? Kein Laut entfährt dem Spieler mit dem unauffälligen Outfit. Von dem man glatt einen Gebrauchtwagen kaufen würde. Schweiß rinnt an seinem modischen Kassengestell entlang, jetzt, in den letzten, alles entscheidenden Sekunden vor dem Schlag. Welcher Schläger, welcher Ball, welche Körperhaltung? Fragen, die man sich als Außenstehender jetzt nicht zu stellen traut.

Zack! Eingeputtet. Sportler-Gruppen, die sich wie stinknormale Freizeit-Familien geben, applaudieren. Adrenalin-Werte erreichen ungeahnte Höhen. Aber genau das wollen diese Hasardeure ja. Jetzt müssen verbrauchte Mineralien dem Körper im Schnellverfahren zugeführt werden. Subkutan? Unser Mann geht zum Wachthäuschen. Unter dem Ladentisch werden Aufputschmittel herübergereicht. Ein Fläschchen und ein längliches Etwas. Der Golfer und der Wachmann tun, als ob sie kein Wässerchen trüben können. Kleingeld klimpert. Dann sieht man was. Magnum, Jägermeister. Aus dem Hintergrund die Stimme eines minderjährigen Extremsport-Fans: „Pappi, wann gehen wir endlich zum Elefanten-Gehege?“ Darauf gibt „Pappi“ keine Antwort. Aber wir wissen, das sind die ersten Anzeichen von Schädigungen bei den Kleingolf-Kids. Im Bürgerpark gibt es doch gar keine Elefanten!

Alexander Musik