Der weltgrößte Uranschieber ist pleite

■ Gläubiger fordern zwei Milliarden Dollar von Oren Benton – nach seinem Bankrott bleibt die RWE-Tochter Nukem weltweit als einziger großer Händler übrig

Berlin (taz) – Große Gesten liebte der Pokerspieler auf dem Weltmarkt für Uran: Noch kurz bevor das Imperium des US-Amerikaners Oren Benton im Februar zusammenbrach, ließ er von seiner Ranch in Colorado 100 Rinder nach Rußland fliegen – ein Geschenk für die dortige Regierung, um die guten Beziehungen zu pflegen. Denn Benton war einer von zwei großen Händlern auf dem Weltmarkt für Uran und Rußland ein großer Lieferant. Mit seiner aus etwa 200 Einzelfirmen zusammengeschachtelten Concord-Holding lieferte er sich ein Kopf-an Kopf-Rennen mit einer 100prozentigen RWE-Tochter, der Nukem aus Alzenau. Zusammen handelten sie nach Angaben der Nukem 80 bis 90 Prozent allen Urans auf der Welt.

Trotz der hundert Wildwest- Kühe dürfte die russische Regierung nicht mehr gut auf Benton zu sprechen sein. Schließlich findet sich auch das Minsterium für Atomenergie mit einer Forderung von knapp 267 Millionen Dollar auf der langen Liste der prominenten Gläubiger der Concord-Holding. Anfang September war die Deadline für das Konkursverfahren. Ansprüche in Höhe von zwei Milliarden Dollar konnte der Konkursverwalter schließlich zählen. Neben den Russen meldeten auch China mit 71 Millionen, Schweizer Firmen und Banken mit über 140, britische und italienische Energieerzeuger mit gut 30 Millionen Ansprüche an. Der Bankrott dürfte von den US-Behörden zügig untersucht werden, schließlich verlangt auch die amerikanische Steuerbehörde IRS satte 278 Millionen Nachzahlung.

Oren Benton hatte sich verspekuliert. Er setzte auf fallende Uranpreise. Daher verkaufte er seine Vorräte am internationalen Markt. Bei niedrigeren Preisen könnte er sie dann gewinnbringend zurückkaufen und so trotzdem noch die eingegangenen Lieferverträge mit den Kraftwerksbetreibern einhalten, so das Kalkül. Doch die US-Regierung und die EU machten Benton einen dicken Strich durch die Rechnung. Sie beschränkten den Import von russischem Uran, die Preise stiegen, und er war pleite.

Ob Geld verschwunden ist und wohin wird bei der verworrenen Struktur seiner Unternehmen allerdings einigen Spürsinn der Wirtschaftsfahnder erfordern. So ist zum Beispiel der größte Einzelschuldner der Concord-Holding, die Nuexco Exchange mit Sitz in der Schweiz, ebenfalls eine Firma Bentons. Die Nuexco Exchange fordert auf dem Papier 921 Millionen Dollar.

Nicht einmal die Konkurrenz freut sich offiziell über das Ausscheiden von Benton. „Die Reputation des Marktes hat klar gelitten“, sagt Kurt Schreiber, Chef des Kernbrennstoffhandels beim Ex- Rivalen Nukem. „Aber wir haben unseren Marktanteil erhöht. Als Tochter von RWE haben wir auch genügend Finanzkraft, um ihn langfristig weiter auszubauen.“ Und der Markt verspricht trotz des schleppenden Neubaus von Atomkraftwerken noch einige Gewinne. Laut Kurt Schreiber verbrauchen alle AKWs der „westlichen Welt“ derzeit 60.000 Tonnen Uran im Jahr. 30.000 Tonnen würden aber nur produziert, die Differenz kommt aus schrumpfenden Lagerbeständen. Die GUS-Staaten spielten international derzeit eine geringere Rolle, so Schreiber. Ihre Vorräte sind ebenso zurückgegangen wie ihre Produktion. Sie steuern jährlich nur noch etwa 6.000 Tonnen Uran zum Nuklearzirkus bei. Reiner Metzger