■ Pariser Platz
: Moderne (Bau)Zeiten

Selbstvertrauen in gute Architektur und eine gehörige Portion Sturheit machen sich bezahlt – gerade in Berlin. Seit zwei Jahren widerstehen die Akademie der Künste und der Stuttgarter Architekt Günter Behnisch den Versuchen der Senatsbauverwaltung, auf ihr Neubauprojekt am Pariser Platz Einfluß zu nehmen. Mit den Mitteln eines bis in Details genau fixierten Bebauungsplans sollte der moderne Entwurf in ein rückwärtsgewandtes Korsett gezwungen werden. „Stein des Anstoßes“ war vor allem die Fassade: Senatsbaudirektor Hans Stimmann will am Pariser Platz nur steinerne Fronten sehen, doch Behnisch schlägt eine Stahl-Glas-Haut als äußeren Abschluß vor. Daß diese Lösung ehrlicher wäre als die „Steintapeten“ der übrigen Projekte am Platz, da sie den „offenen Geist des Hauses“ nach außen wirksam werden ließe, und daß sie eine wirklich moderne Variante der von Stimmann propagierten „kritischen Rekonstruktion“ der historischen Stadtmitte darstellte, davon wollte die Bauverwaltung bislang nichts hören.

Es geht doch anders. Bausenator Wolfgang Nagel hat nun angekündigt, daß er den Behnisch-Entwurf genehmigen will. Zwar fährt Nagel damit seinem Baudirektor in die Parade, aber im Wahlkampf sind auch solche Mittel recht. Die Einsicht in die bessere Architektur ist zugleich eine Attacke gegen die Preußentümelei etwa der FDP, rechter CDUler oder der Gesellschaft Historisches Berlin, die den Pariser Platz im Original wiedererbaut sehen möchten. Auch darum sieht Hans Stimmann die Botschaft seines Dienstherrn „nicht mehr und nicht weniger als ein politisches Signal“. Ein Signal mit möglicherweise unliebsamen Folgen: Eine Befreiung des Akademie-Neubaus vom Bebauungsplan könnte weitere Befreiungsanträge nach sich ziehen und die „Gestaltungssatzung“ nachträglich ad absurdum führen. Schlechte Planung ließ sich mit dem Regelwerk ohnehin nicht verhindern. Dies zeigt der Entwurf für das pseudohistorisierende „Hotel Adlon“.

Günter Behnisch und die Akademie der Künste sind noch längst nicht am Ziel: Vom Fassadenstreit befreit, eröffnet jetzt der nächste Planungsschritt die Perspektive, sich endlich mit dem Entwurf als Ganzem zu beschäftigen. Denn nicht allein die Frage, wie sich die Akademie am Pariser Platz präsentiert, ist von Belang, sondern auch, wie der lädierte Altbau integriert werden und wie das Gebäude vom südlich angrenzenden Ort des Holocaust-Mahnmals erlebt werden kann und auf diesen reagiert. Die eigentliche planerische Herausforderung beginnt erst jetzt. Oliver G. Hamm

Der Autor ist Redakteur der Fachzeitschrift „Bauwelt“