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: Advantage Focus

„Spiegel-TV: Der Fall Steffi Graf“, Di., 23 Uhr, Sat.1

Nein, um das Strukturelle im Einzelfall ging's nicht in dieser Spiegel-TV Reportage. Wer sich auf eine distanzierte Betrachtung des Grafschen Steuerdramas vom oberen Courtrand aus gefreut hatte, mußte enttäuscht schlafen gehen. Statt dessen wurde die Pfiffigkeit eines medialen Einsatzkommandos demonstriert, welches nachzuweisen verstand, wie und unter Zuhilfenahme welcher Briefkastenfirmen im nahen Ausland Peter Graf die Millionen seiner Tochter so positionierte, daß er das Geld nur noch „in Plastiktüten abzuholen“ brauchte.

Magere 7 Prozent von den – vorsichtig geschätzt – 170 eingespielten Millionen fielen am Transaktionsrand für den Fiskus ab. Fakten hoch drei also, bei deren Sammlung die rührigen Reporter auf einem Nebenschauplatz beinahe Wadenbisse kassiert hätten. Auf den Straßen Brühls konfrontiert mit einem schnaubenden Einheimischen und seinem Schäferhund („Die sensationsgeilen Reporter sollte man alle doudschlagn“), wurde uns deutlich gemacht, daß „die Brühler nach wie vor nichts auf Steffi kommen lassen“.

Verantwortlich für den Schmierfilm auf unserer gläsernen Stefanie Maria Graf, deren Leben doch durchdrungen vor uns lag wie kein zweites, bleibt weiterhin allein Vater Peter. Fragt sich, was eigentlich so wichtig daran ist, die Heiligkeit der sportlichen Maria so gänzlich unangetastet zu erhalten? Liegt es daran, daß die Gräfin, mit der im Gegensatz zu Boris Becker ungebrochenen Bereitschaft, im Nationalteam für die Ehre zu streiten, stetig das „Mein-Name- ist-Hase-Prinzip“ abnudelnd das so populäre „Modell deutsche Einfalt“ schlechthin verkörpert? Findet dieses Modell nicht eine konsequente Umsetzung in der brachialen Simplizität des Spiels der Badenerin, jenes Spiels, auf das sie sich die letzten zehn, zwölf Jahre konzentriert habe, wie sie, eingespielt aus einem älteren Interview, noch einmal entlastend hauchen darf?

Entlassen werden wir schließlich mit der Botschaft, daß die 26jährige jetzt, wo der schwarze Peter aus dem Verkehr gezogen wurde, die Chance hat, Erwachsen zu werden. Da wir das irgendwie auch schon gelesen hatten, bleibt eindrucksvoller die Gewißheit, wie schwer es doch ist, Lücken in einem Bericht zu schließen, dessen Protagonistin derzeit exklusiv dem Konkurrenten Focus zur Verfügung steht. Claudia Thomsen