■ Das Portrait
: Rechtsintegrator

Diogo Freitas do Amaral ist eigentlich immer gescheitert, ob er nun als portugiesischer Ministerpräsident kandidierte oder Staatspräsident werden wollte. Erst vorgestern hatte die Agonie ein Ende: Freitas wurde zum Präsidenten der UN-Vollversammlung gewählt.

Diese Wahl war nurmehr reine Formsache, nachdem sich die 27 Länder der „Westlichen Staatengruppe“ in der Weltorganisation auf den 54jährigen Politiker geeinigt hatten. Die „westliche Staatengruppe“, zu der die meisten europäischen Länder sowie die USA, Kanada, Australien und Neuseeland gehören, hat turnusgemäß das Recht, den Präsidentenposten zu besetzen, und nach einer ungeschriebenen Regel der UNO fällt dieses Amt immer den kleineren Staaten zu. So kann Portugals ewiger Verlierer Diogo Freitas die anstehenden Jubiläumssitzungen zum 50jährigen Bestehen der Vereinten Nationen leiten.

Diogo Freitas do Amaral, neuer Chef der UN-Vollversammlung Foto: taz-Archiv

Gleich nach der portugiesischen „Nelkenrevolution“, die das Ende der faschistischen Diktatur brachte, hatten ihm die revoltierenden linken Militärs die Gründung einer Partei angetragen: Freitas sollte die traditionelle portugiesische Rechte in die neue Demokratie integrieren. Er tat wie ihm geheißen und gründete 1974 die christdemokratische Partei Demokratisch-Soziales Zentrum (CDS), die mit Sozialisten und Sozialdemokraten gleichermaßen koalierte.

International trat Freitas zuerst 1980 als portugiesischer Außenminister in Erscheinung, und von 1981 bis 1983 war er Verteidigungsminister sowie Vorsitzender der Europäischen Volkspartei, dem Zusammenschluß der christdemokratischen Parteien Europas.

Doch seine CDS verlor zusehens an Bedeutung. Bei der Parlamentswahl 1991 erreichte sie nur noch 4,3 Prozent der Stimmen. Freitas zog die Konsequenzen und trat von seinem Amt als Parteichef zurück. Sein Nachfolger Manuel Monteiro benannte die CDS um in Volkspartei (PP) und trimmte sie auf einen scharf konservativ-populistischen Kurs – sehr zum Mißfallen Diogo Freitas'. Monteiro unterscheide sich von Frankreichs Rechtsaußen Jean-Marie Le Pen nur noch durch seinen fehlenden Nationalismus, sagte Freitas über seinen Nachfolger und trat aus der von ihm gegründeten Partei aus. Der Tagespolitik kehrte er den Rücken und unterrichtete zuletzt als Professor für Verwaltungsrecht an der Lissaboner Universität. Theo Pischke, Lissabon