„Nix gegen's Bauen, aber...“

■ Neue Siedlungen mitten in der Landschaft – über die Bebauungspläne für den Menke-Park und Brokhuchting schütteln LandschaftsarchitektInnen den Kopf

Eine Landschaft – das ist für LandschaftsarchitektInnen zunächst mal einfach eine Oberfläche, die man gestalten kann. Und gestalten, das tun deutsche LandschaftsarchitektInnen derzeit denn auch ausgiebig – schließlich werden so viele große Wohnbauprojekte in Angriff genommen wie seit den 60ern nicht mehr. Da gilt es dann, Grünflächen, Spielplätze und Parks zu planen.

Daneben aber sehen sich die LandschaftsarchitektInnen immer mehr in die Rolle der Umweltschützer, gar Bau-Verhinderer gedrängt. Die Natur habe im Moment gegenüber Investoren keine Lobby, sagt einer. Seit gestern berät in Bremen der Bund deutscher Landschaftsarchitekten (BDLA) auf seiner Jahrestagung über das schwierige Verhältnis von Naturschutz und Bauen. Zu Bremer Negativ-Beispielen befragten wir die LandschaftsarchitektInnen Martina Nath-Esser, Vizepräsidentin des BDLA, und Johann Köhler, zweiter Vorsitzender des BDLA Niedersachsen/Bremen.

Die Bundesregierung will das Planungsrecht novellieren. Sie als LandschaftsarchitektInnen wollen da auch mitreden. Angenommen, Ihr Entwurf eines neuen Planungsrechtes würde heute schon gelten – was wäre zum Beispiel im Fall der umstrittenen Bebauung des Menke-Parks anders gelaufen?

Martina Nath-Esser: Nach unserem Entwurf wären die Landschaftsarchitekten als gleichberechtigte Partner in den Planungsprozeß einbezogen worden, und zwar von Anfang an. So aber sind die Natur- und Denkmalschützer erst gefragt worden, als der Bebauungsentwurf schon fertig war. Da ist man dann immer der zuspätgekommene Querulant.

Der Fall Menke-Park ist eigentlich abgesegnet, zum Beispiel durch die Deputation.

Martina Nath-Esser: Die Bürgerinitiative sagt aber, daß die Stadtbürgerschaft noch nichts beschlossen hat, nur die Verwaltung.

Was könnte man noch retten?

Martina Nath-Esser: Die BürgerInnen Bremens könnten zum Beispiel eine Normenkontrollklage anstrengen. Oder man setzt sich jetzt gemeinsam an den Tisch und überlegt, wo die wertvollen Partien eigentlich sind, wo eben nicht gebaut werden sollte. Ein Ja oder Nein ist jetzt ja nicht mehr möglich, wohl aber ein besserer Kompromiß als die jetzige Lösung. Die sieht nämlich nicht nur die Zerstörung von xy Quadratmetern vor, nämlich zwei kleine Wiesen, vielmehr sind diese zwei kleinen Wiesen die wesentlichen Lichtungen des Parks, um die sich das ganze gestalterische Gerüst gruppiert.

Bremen ist so klein, daß man eigentlich annehmen sollte, die Bremer Politik paßt gut auf die wenigen Grünflächen auf. Das scheint in diesem Fall nicht so zu sein – eine Ausnahme?

Johann Köhler: Nein, zum Beispiel sollen in Brokhuchting mehrere hundert Einfamilienhäuser gebaut werden. Dabei hat Bremen im Bundesvergleich bereits einen sehr hohen Anteil an Einfamilienhäusern. Sicher, den Wohnraumbedarf gibt es. Aber es gibt auch noch sehr viel ungenutzten Wohnungsraum, der nur noch ausgebaut werden müßte, etwa Dachgeschosse. Auch mit einer verdichteten Bauweise könnte man Fläche sparen. Das Bremer Haus steht ja auch nicht einzeln.

Nun fordert das Gesetz für solche Großprojekte ja immer auch Ausgleichsmaßnahmen. Allermeist bedeutet das nicht, daß eine Fläche entsiegelt wird, daß es also hinterher mehr Grün gibt in der Stadt, sondern daß eine bestehende Grünfläche „aufgewertet“ wird. Ist das nicht häufig Schmu?

Johann Köhler: Eigentlich nicht, aus einer Ackerfläche zum Beispiel kann durchaus eine ökologisch interessantere Fläche werden, zum Beispiel eine Magerwiese, wo nicht mehr gedüngt wird.

Gibt's denn in Bremen noch genügend aufzuwertende Flächen?

Johann Köhler: Kaum.

Martina Nath-Esser:Es ist zum Teil schon fragwürdig, was da so hingerechnet wird. Im Menke-Park zum Beispiel sind die Wiesen schon hochwertige Wiesen, da kann man mit einer anderen Mahd oder mit mehr Kräutern die Wiesen mehr kaputtmachen als heilmachen. Das Schlimmste aber finde ich die Dachbegrünungs- und Fassasenbegrünungsmaßnahmen. Das ist so der letzte Aufhänger, wenn einem gar nichts anderes mehr übrigbleibt, wenn man quasi den ökologischen Ausgleich in die Höhe stapeln muß, weil es in der Fläche nicht mehr geht.

Johann Köhler: Wobei wir LandschaftsarchitektInnen keineswegs gegen's Bauen sind, aber das Bauen muß vernünftiger werden. Denn wenn erstmal was gebaut ist und der Boden versiegelt – also daß dann Gebäude oder ganze Siedlungen wieder abgebrochen werden, davon sind wir noch weit davon entfernt.

Fragen: cis