„Es kursieren wilde Gerüchte“

■ Auf ein Täschen Tee bei den Wagenburgfrauen am Hagenweg

„Es kursieren die wildesten Gerüchte über uns. Viele Leute betrachten uns nur aus der Ferne, die haben wohl Angst, daß wir sie verprügeln“, sagt Anette Schmidt. Sie ist eine von sieben Bauwagen-Bewohnerinnen, die vergangene Woche eine Wiese am Hagenweg im Waller Parzellengebiet besetzt hatten. Mittlerweile mußten die Frauen die Weise zwar wieder räumen, sind aber mit den Wägen nur rund 20 Meter weiter gezogen und haben sie am Straßenrand abgestellt. Erlaubt ist offiziell nur das Abstellen der Wägen, nicht das Wohnen darin. Bislang jedoch wurden die Frauen nicht mehr von der Polizei behelligt. Um das Mißtrauen der NachbarInnen zu zerstreuen, haben sie am Samstag zu Kuchen und Tee eingeladen.

Und es kamen auch rund zwei Dutzend Neugierige vorbei. „Naja, die Leute haben schon ein bißchen Angst“, sagt Nachbar Heiko Wilhusen. Er selbst aber findet es gut, wie die Frauen wohnen. „Erst haben meine Kinder zwar befürchtet, daß sie nicht mehr auf der Wiese spielen könnten“, erzählt er, aber eigentlich wäre da noch genügend Platz gewesen. Und außerdem ist Wilhusen geradezu froh, wenn hier draußen ein paar Leute sind: „Da sind die Kinder nicht so unbaufsichtigt.“ Er selbst könne leider nicht so frei leben: „Ich habe fünf Kinder, da geht das nicht.“

Heiko Harries, ein Waller Parzellenbesitzer kann nicht einsehen, warum die Feuchtwiese nicht geeignet sein soll für eine kleine Wagenburg. „Die Wiese wird das ganze Jahr nicht genutzt. Das ist doch Heuchelei der Politiker zu sagen, die Wiese wäre für anderes notwendig.“ Weil er wie die WagenbürgerInnen auch den jetzigen Platz am Straßenrand für schlecht hält, bot er sogar an, einen Wagen auf seine Parzelle zu stellen. „Aber die wollen natürlich lieber zusammenbleiben.“

Nicht alle, die des Weges kommen, lassen sich hinreißen zu einer Besichtigung. Sie gehen schnell an den mit Kuchenblechen vollgestellten Tischen vorbei. Ein alter Mann ruft den Frauen vom Fahrrad aus zu: „Das könnt Ihr im Winter nicht durchhalten. Zu kalt hier.“ Er empfiehlt, Wohngeld zu beantragen. Die Frau aus dem Haus gegenüber beäugt die Teegesellschaft nur vom geschlossenen Fenster aus. Das aber ausgiebig und offenbar sehr interessiert.

Neugierig ist auch Karl Uwe Oppermann, der sozialpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, interessiert studiert er die Wandzeitung. eine eindeutige Meinung habe er sich über diese Wagenburg noch nicht gebildet, sagt er, aber deswegen wolle er sie sich jetzt auch mal anschauen. Oppermann kann sich nicht vorstellen, daß die Wagenburg in Walle gern gesehen ist. „Die Kleingärtner werden das nicht aktzeptieren.“ Es sei halt ein sehr sozial problematisches Eck, dort in Walle, weil es um die Ecke schon eine Wärmstube für Obdachlose gebe, die „Tasse“.

Einen positiven Effekt hat die Wagenburg der Frauen/Lesben jedenfalls schon gehabt meint eine Passantin: „Die Leute mit Autos fahren hier jetzt viel langsamer, um was sehen zu können.“ ugs