Baut Häuser, keine Joints!

■ In Frankreich hat sich gezeigt: Hanf ist ein grundsolider alternativer Baustoff

„Bauen“, im weitesten Sinne, konnte man aus Cannabis bisher eigentlich nur Joints. Das könnte sich aber bald ändern: Aus Hanf lassen sich in Verbindung mit anderen Materialien ganze Häuser bauen. Was in Deutschland noch nicht realisiert werden konnte, ist in Frankreich zumindest eine Option unter den ökologischen Baumaterialien. Fünfhundert Einfamilienhäuser hat die französische Firma Chenevotte Habitat aus René bei Le Mans teilweise aus Hanf errichtet, der auf heimischen Böden angebaut wurde. Nein, es handelt sich bei den Häusern nicht um Basthütten mit Dächern aus geflochtenen Blättern. Solide und steinern sind die Häuser, die mit der Pflanze erbaut wurden.

In Frankreich wird Hanf als Baustoff auf zwei Arten eingesetzt: In Vermischung mit Naturkalk als Baumaterial und als Dämmstoff, der aus den harten Stäben des Stengelinneren gewonnen wird und dann als Schüttgut auf den Markt kommt. Sowohl der Baustoff als auch der „Iso-Hanf“ haben sich in Frankreich bewährt. Die akustische und thermische Isolierung sei optimal, faßt Bénédicte Magnin von Chenevotte Habitat ihre Erfahrungen mit dem pflanzlichen Baumaterial zusammen. Im Gegensatz zu konventionellen Dämmstoffen besitze Iso-Hanf zudem die Fähigkeit, Wärme zu speichern. Außerdem sei Hanf ein guter Brandschutz und resistenter gegen Insekten und Fäulnis als gängige Dämmstoffe. Chevenotte bietet den Iso-Hanf „in der Preisklasse vergleichbarer konventioneller Materialien“ an, sagt Bénédicte Magnin.

Ganz anders sieht die Sache in Deutschland aus: Weil der Anbau von Hanf illegal ist, bliebe nur der Import der Naturmaterialien aus Frankreich. Doch diese Alternative ist derzeit so kostspielig, daß die eifrigen Häuslebauer davon keinen Gebrauch machen. Gerade der voluminöse Iso-Hanf müßte Lkw-weise ins Nachbarland transportiert werden, was nicht nur die Kosten immens erhöhen würde. Vor allem der ökologische Aspekt würde durch den aufwendigen Transport ad absurdum geführt – denn was nützt die schönste Naturisolierung, wenn vorher tonnenweise Dreck in die Luft gepustet wurde.

Obwohl Hanf hierzulande noch nicht im Bauwesen eingesetzt wurde, melden sich bereits Skeptiker aus der alternativen Baubranche zu Wort. Hermann Hansen von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe in Gülzow ärgert sich über die ungebremste „Hanf- Euphorie“. Zwar ist auch Hansen davon überzeugt, daß es sich bei Hanf als Baustoff um eine umweltschonende Alternative zu herkömmlichen Materialien handelt, doch er betont, daß andere Materialien, die mindestens genauso tauglich seien, darüber nicht vergessen werden dürfen. Zudem sei damit zu rechnen, daß der Iso- Hanf hier in der Verkaufsanlaufphase zwei- bis dreimal so teuer sei wie Mineralwollprodukte. Hermann Hansen empfiehlt zur Zeit vor allem Öko-Flachsprodukte aus regionalem Anbau.

Ob Flachs, Hanf oder andere die Natur gering belastende Baumaterialien – Tatsache ist, daß sich die VerbraucherInnen aufgrund von paranoiden THC-Verteufelern ihr Urteil über die Qualität der alternativen Baustoffe nur schwer selbst bilden können. In Deutschland gibt es bisher kein einziges Haus, das mit Hanf erbaut wurde. Und auch das Berliner „HanfHaus“ ist aus schnödem Stein gebaut. Nur der Verkaufstresen wurde in Eigenarbeit aus Hanfplatten zusammengebastelt. Für alle Neugierigen in Sachen Iso- Hanf gibt es aber einen Sack Schüttgut zu bewundern. Der weckt dann aber höchstens Träume auf eine glückliche Hanf- Zukunft. Heike Blümner

Siehe auch Artikel auf Seite 16