Feministischer Comic-Punk

Manchmal sind die Comics von Roberta Gregory wie gute Punksongs: eine maßlose Beschimpfung. Yuppies sind penetrant, Katholiken bigott, Männer haben zu kleine Schwänze, die sie gelutscht bekommen wollen; außerdem „sind sie es einfach nicht gewohnt zu denken“. Das ist allerdings nicht einfach hingerotzt, sondern will mehr.

Gregory veröffentlicht seit 20 Jahren Comics vorwiegend im feministischen Underground („Tits 'n' Clits“, „Wimmin's Comix“), seit 1991 hat sie mit „Naughty Bits“ ihr eigenes Heft, das sich mit respektablen 8.000 Exemplaren verkauft.

Zwischen die erzählenden Episoden der deutschen Ausgabe „Bitchy Bitch“ sind vor allem in der ersten Nummer kommentierende Passagen eingefügt, die die Drastik der Darstellung durch Erklärungen abfedern sollen. Zum Beispiel in der Episode „Zimtzicken“, in der ein Mann erst mehrfach vergewaltigt, dann entmannt wird, und schließlich scheißt ihm eine Frau aufs Gesicht. „Keine Angst, Jungs, hier lassen nur ein paar Frauen Dampf ab.“ Statt drastischer Wut des Comics biedere Fiktionalisierung.

Verzichtet Gregory auf Erklärungen, gelingen ihr erschreckende Episoden. Etwa in den Geschichten um „Klein-Bitchy“, wo kindliche Grausamkeit an einen verlogenen Ehealltag und sexuellen Mißbrauch gekoppelt wird. Oder in der grandiosen, ganz und gar politisch unkorrekten Figur der geilen, rassistischen, aufbrausenden, herzerfrischend groben, aber auch selbstzweiflerischen Bitchy Bitch, die überdies die schiefste Klappe der Comicgeschichte hat.

Während die erklärenden Passagen bewußt zurückhaltend gezeichnet sind, strotzen die Bitchy- Bitch-Episoden von wunderschön häßlichen Visagen, Körpern und Dingen, eingeschlossen Hängebusen, penetrierenden Teufeln und Close-ups. Schwarzweiße Stricheleien, hingeschluderte Hintergründe und krakelige Figuren bestimmen diese Panels. „Ugly art“ nennt das Gregory, „eine Profikünstlerin tut so, als könne sie nicht zeichnen“. Das ist Stil, genau wie Gregorys Pornographie, Blasphemie und ihr Haß. In neuen Girliesongs wird der Schwanz blaugefickt, bei Gregory ist er ab. Sie hat halt den Mädchen zwanzig Jahre voraus. Martin Zeyn

Roberta Gregory: „Bitchy Bitch“. 1 & 2. Edition Comic Speedline/Verlag Thomas Tilsner 1995, je 19.80 DM