Sieg der „sprechenden Spitzhacke“

Nach zehn Jahren geben die konservativen Sozialdemokraten in Portugal die Macht an die Sozialisten unter António Guterres ab – der will jetzt mit wechselnden Mehrheiten regieren  ■ Aus Lissabon Theo Pischke

„Die neue Mehrheit gehört Ihnen“, hat António Guterres den Wählern auf seinen Plakaten versprochen. Bei der portugiesischen Parlamentswahl am Sonntag bekam er die Mehrheit – wenn auch nur eine relative. Er wolle Schluß machen mit den Auswüchsen der „alten“ absoluten Mehrheit der bisher regierenden rechtsliberalen Sozialdemokraten (PSD), Schluß machen mit Korruption, Amtsmißbrauch und Vetternwirtschaft, versicherte der Generalsekretär der Sozialistischen Partei (PS).

Guterres kann stolz sein: Mit 43,9 Prozent erreichte die PS das beste Ergebnis ihre Geschichte. Das allerdings verdanken die Sozialisten vor allem der Tatsache, daß die PSD nach zehnjähriger Alleinherrschaft ausgebrannt war. Noch dazu stand die PSD ohne überzeugenden Kandidaten da, nachdem der noch amtierende Ministerpräsident Aníbal Cavaco Silva auf eine erneute Kandidatur verzichtet hatte. Das Resultat: ein rasanter Absturz. Nur noch 34 Prozent der WählerInnen gaben der PSD ihre Stimme. Guterres hat seine Botschaft „Wir sind die Alternative“ gut vermittelt. Auch hat der PS-Chef vermocht, was seine Amtsvorgänger nicht geschafft haben: er brachte die Partei geschlossen hinter sich. Guterres ist seit Februar 1992 Generalsekretär der Sozialisten. Knapp vier Monate zuvor hatte die Partei bei der Parlamentswahl eine empfindliche Niederlage hinnehmen müssen. Guterres mußte bei Null anfangen und sich in der Folgezeit mit dem Problem aller seiner Vorgänger herumschlagen: den Versuchen des PS-Gründers und Staatspräsidenten Mário Soares, als „heimlicher Vorsitzender“ weiterhin in die Partei hineinzuregieren.

Doch Guterres zeigt nach und nach eigenes Profil.

Der 46jährige gelernte Elektroingenieur hat auf jede Frage eine schnelle Antwort parat, weiß aus dem Stegreif zu jedem politischen Thema etwas überzeugend Wirkendes zu sagen. „Die sprechende Spitzhacke“ nennen ihn seine Gegner ob seiner harsch formulierten Kritik an der jetzt abgewählten Regierung.

Die PS hat im Wahlkampf versprochen, eine bisher in Portugal nicht existierende Sozialhilfe für Menschen ohne jegliches Einkommen einzuführen. Auch will sie mehr Geld für Bildung und Ausbildung ausgeben. Doch dies ist nur schwer in Einklang zu bringen mit Guterres' oberster Priorität: Portugal muß durch staatliche Haushaltsdisziplin die Kriterien für einen Beitritt zur einheitlichen europäischen Währung erfüllen.

Schon im Wahlkampf hat Guterres eine Koalition mit anderen Parteien stets abgelehnt. Besonders entschieden wandte er sich gegen ein Zusammengehen mit den Kommunisten, die Guterres für „die orthodoxeste kommunistische Partei Europas“ hält. Am Sonntag traten die Kommunisten in einem Parteienbündnis mit den Grünen an – zukünftig stellen sie statt bisher 17 nur noch 15 Abgeordnete. Guterres will sich nun von Fall zu Fall um Unterstützung für seine Gesetzesvorhaben bemühen.