Pariser lassen Gäste gegen Bombe demonstrieren

■ Am Montag nur eine Handvoll Demonstranten. Trotzkisten und Briten angereist

Paris (taz) – Die Parole – ausgegeben von der internationalen Organisation „Stop Essais“ (Stoppt die Tests) – war eindeutig: Jedesmal wenn Jacques Chirac eine seiner Bomben im Südpazifik zündet, treffen sich die Gegner der nuklearen Abschreckung am selben Tag um 18 Uhr vor den Präfekturen der französischen Städte zur Mahnwache. Doch das Echo auf den von den französischen Grünen, von Kriegsdienstverweigerern und zahlreichen anderen pazifistischen Organisationen unterstützten Aufruf ist mager: Am vergangenen Montag abend, dem Tag des zweiten Atomtests, fanden sich in Paris nur 16 Mahnwächter ein.

Die kleine Gruppe von Demonstranten, darunter drei Schweizer Touristen, unter einem Transparent mit der Aufforderung „Stoppt die Tests“ verlor sich auf dem um diese Dämmerstunde beinahe menschenleeren Platz zwischen der Präfektur und Notre-Dame. „Die Pariser sind zu faul zum Demonstrieren“, versucht eine der Aufrechten das Debakel zu erklären, das beinahe zeitgleich mit großen Demonstrationen in ausländischen Metropolen stattfand, „die Pariser sagen in Meinungsumfragen, daß sie gegen die Tests sind und damit hat es sich.“

Tatsächlich haben die Demoskopen ermittelt, daß 60 Prozent der Franzosen die Entscheidung Chiracs, die Tests wieder aufzunehmen, für falsch halten. Trotzdem haben an den von langer Hand vorbereiteten Anti-Test-Demonstrationen in Paris, zu denen Greenpeace, die Kommunistische Partei und zahlreiche andere linke Organisationen aufgerufen hatten, stets weniger als 10.000 Menschen teilgenommen. Eine kleine Zahl gemessen an den Hunderttausenden, die im vergangenen Jahr in Paris gegen eine Aufwertung der Privatschulen und gegen die Einführung eines Mini-Lohnes für Jugendliche demonstrierten.

Die bislang größte französische Anti-Test-Demonstration führte am vergangenen Samstag von der Place de la République zur Bastille und zählte Busladungen englischer Atomgegner, sowie ein starkes Kontingent ausländischer Trotzkisten in ihren Reihen, die aus Anlaß der Beerdigung von Ernest Mandel nach Paris gekommen waren.

Für viele französische Medien ist der zweite Atomtest nicht einmal mehr Aufmacherthema. Ausführlicher bringen sie nur technische Details über die Bombe und den Schaum, der bei ihrer Explosion entsteht. Dorothea Hahn