"Vergessene Stimme der Serben"

■ Bosnische Serben und indonesische, ungarische und thailändische BürgerrechtlerInnen erhalten Alternativen Nobelpreis für "herausragende praktische Einsätze" und Kampf gegen den Haß

Stockholm/Berlin/Budapest (taz) – Der „Serbische Bürgerrat“ wurde gestern in Stockholm mit dem Alternativen Nobelpreis geehrt, der alljährlich für „herausragende praktische Einsätze zur Lösung der dringenden Fragen unserer Zeit“ verliehen wird. Weitere PreisträgerInnen sind die InitiatorInnen von Menschenrechtsgruppen für Indonesien, Ungarn und Thailand. Die mit 250.000 US-Dollar dotierte Ehrung wird seit 1980 von der von Jacob von Uexküll gegründeten Right-Livelihood-Stiftung vergeben.

Serbischer Bürgerrat

Der Serbische Bürgerrat sei „die vergessene Stimme all jener bosnischen Serben“, die unter äußerst schwierigen Umständen für ein menschliches, demokratisches Bosnien-Herzegowina der verschiedenen Volksgruppen einträten, hieß es gestern in Stockholm. 1993 in Sarajevo gegründet, fanden sich seit 1994 Serben aus jenen Teilen Bosniens zusammen, die von der bosnischen Regierung kontrolliert werden. Der Bürgerrat begreift sich als politische Vertretung jener serbischen BewohnerInnen Bosniens, die „mit Muslimen und Kroaten zusammenleben“, erklärt Mirko Pejanović, Präsident des Bürgerrates und Mitglied des bosnischen Staatspräsidiums. Auf bosnisch kontrolliertem Territorium lebten allein 200.000 Serben zusammen mit Muslimen und Kroaten. „Wir sind der lebende Beweis, daß es keinen Haß gibt“, sagt Pejanović.

TAPOL

Die indonesische Bürgerrechtsgruppe TAPOL wirkt seit über zwanzig Jahren als Stachel im Fleisch der Regierung von Jakarta: Von ihrem Sitz in London aus setzt sich die Gruppe für politische Gefangene in dem südostasiatischen Inselreich ein, sie kämpft für Menschenrechte und gegen die indonesische Pressezensur, sie informiert über die indonesische Repression in Osttimor und internationale Waffengeschäfte mit den Militärs in Jakarta.

Ihr TAPOL-Bulletin und zahlreiche Veröffentlichungen gehören zu den wichtigsten und seriösesten Informationsquellen über die Lage in Indonesien.

Als TAPOL – der Name ist aus den Anfangssilben des indonesischen Begriffs „politischer Gefangener“ gebildet – 1973 in England gegründet wurde, ging es der Gründerin Carmel Budiardjo und ihren MitarbeiterInnen vor allem um die Freilassung von Hundertausenden Gefangenen, die nach dem Sturz des ehemaligen Präsidenten Sukarno seit 1965 in Gefängnissen und Lagern des Landes verschwunden waren.

Autonomie-Stiftung

„Ungarns halbe Million Roma haben immer am Rande der Gesellschaft gelebt und sind am schwersten vom Ende der kommunistischen Dikatur und dem Übergang zur Marktwirtschaft betroffen“, sagt der siebzigjährige Andràs Bìró. Im Herbst 1990 hat er die „Autonomie-Stiftung“ (Autonomia Alapitvany) gegründet, die bisher vor allem mit Spenden aus dem Rockefeller Brother Fund, dem Phare-Programm der EU und von dem Multimilliardär und Börsenguru George Soros getragen wird. Die Autonomie-Stiftung vergibt Spenden und zinsfreie Kredite an ungarische Roma-Organisationen, um „Überlebensmöglichkeiten und Zukunftsperspektiven“ unter der größten ungarischen Minderheit zu schaffen. Finanziert werden von ihr vor allem landwirtschaftliche Projekte, Kleinunternehmen und Weiterbildungskurse für Unternehmer. Die Stiftung kauft außerdem bewirtschaftbaren Boden auf, stellt ihn Roma-Kooperativen zunächst zur Verfügung und überträgt später die Eigentumsrechte an sie. Einzelpersonen oder landesweite Roma-Verbände werden nicht unterstützt, sondern nur lokale Roma-Organisationen. Damit sollen, wie Bìró sagt, Eigeninitiative und zivilgesellschaftliche Strukturen gefördert werden.

Sulak Sivakaksa

Der thailändische Mönch und Friedensaktivist legte sich bei den Unruhen 1992 mit den Militärs des Landes an. Er tritt seit Jahrzehnten für Gewaltlosigkeit und soziale Gerechtigkeit ein. rw/jv/kv/li