Haft für die Sachsenhausen-Brandstifter

■ Urteil im zweiten Prozeß um Brandanschlag auf KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen

Potsdam (taz) – „Es ging nicht um irgend ein Verfahren mit Brandstiftung, Sachbeschädigung und Waffen. Es ging um Sachsenhausen.“ Mit diesen Worten leitete Richter Ulrich Suchan gestern das Urteil in dem neuaufgerollten Sachsenhausen-Prozeß ein. Die beiden Angeklagten Ingo K. (22) und Thomas H. (23) wurden zu zweieinhalb Jahren beziehungsweise drei Jahren Haft verurteilt. Das Landgericht Potsdam sah es als erwiesen an, daß sie im September 1992 gemeinsam mit unerkannt gebliebenen Skinheads mit Molotowcocktails oder offenem Feuer die jüdischen Baracken der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Sachsenhausen in Brand gesteckt haben. Mit dem Urteil entsprach das Gericht den Anträgen der Staatsanwaltschaft. In einer ersten Stellungnahme begrüßte der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, das Urteil. Helmut Kohl hatte nach dem Anschlag verkündet, daß die rechten Täter „unnachsichtig verfolgt“ würden und „die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen“.

Der Brandanschlag wurde gestern zum zweiten Mal verhandelt. In einem ersten Prozeß waren die beiden Männer 1993 von einer anderen Strafkammer des Landgerichts aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden. Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil jedoch ein Jahr später wegen Verfahrensmängeln aufgehoben. Das erste Verfahren war geprägt von Pannen der Ermittlungsbehörden, die monatelang nur zwei Beamte im Einsatz hatten und wichtige Hinweise außer acht gelassen hatten. Die Verhandlung war immer wieder zum Verwirrspiel geworden. In ihrer ersten polizeilichen Vernehmung hatten Ingo K. und Thomas H. übereinstimmend erzählt, sie seien mit einer Gruppe Skinheads aus Ostberlin zu der Gedenkstätte gefahren. Beide hatten die Aussagen mehrmals widerrufen.

Die 1. Große Strafkammer stützte die Verurteilung jetzt einzig auf die Geständnisse der beiden Angeklagten im Frühjahr 1993. In der mehrstündigen Urteilsbegründung analysierte die Strafkammer die widerrufenen Aussagen der Angeklagten als in sich geschlossen, homogen und teilweise sehr detailreich. In seiner Urteilsbegründung betonte Richter Suchan, das Gericht habe mit enormen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt. „Aber die Versäumnisse des ersten Verfahrens bleiben Versäumnisse.“ Annette Rogalla