Reden statt schlagen

Die Projekte „Mannsarde“ und „Mannege“ versuchen über Beratungsgespräche und Seminare gewalttätige Männer vom Schlagen ihrer Frauen abzuhalten  ■ Von Ute Scheub

Eigentlich müßten Männerhäuser statt Frauenhäuser gebaut werden, dachten sich der Diplompsychologe Gerhard Hafner und der Sozialpädagoge Ulf Morling. Die Frauen könnten sicher und geschützt in ihren Wohnungen bleiben, während ihre gewalttätigen Männer eine stationäre Therapie durchlaufen. Diese nicht gerade neue Idee, die zur Zeit der rot-grünen Koalition schon einmal debattiert wurde, versuchten sie mit der Gründung des gemischtgeschlechtlichen Vereins „Mannsarde gegen Männergewalt“ am Weltfriedenstag 1994 zu puschen.

Doch weder das Bundesfrauenministerium noch die hiesigen Senatsverwaltungen zeigten sich interessiert. Zwar wäre eine erfolgreiche Arbeit mit Tätern längerfristig mit Sicherheit billiger als der Aufbau von immer neuen Frauenhäusern. Andererseits aber wäre ein Männerhaus mit zwangseinquartierten Tätern wegen der nötigen Sicherheitsmaßnahmen sehr viel teurer als als ein Frauenhaus.

Die Männer und Frauen der „Mannsarde“ mußten ihr Projekt überdenken. Wenn das jetzt seine Arbeit beginnende „Berliner Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt“ (BIG) perspektivisch die sozialen Trainings mit verurteilten Tätern übernähme, überlegten sie, dann wäre es doch eine sinnvolle Ergänzung, die präventive und ambulante Antigewaltberatung zu verstärken. „Mannsarde“ beantragte zweieinhalb Stellen: zwei Stellen für die Männerberatung und eine halbe Stelle für die Betreuung der weiblichen Gewaltopfer. Die Senatsverwaltung für Inneres fühlte sich indes für schlagende Männer nicht verantwortlich und schickte den Antrag an die Senatsverwaltung für Frauen. Die befand sich für Männer ebenfalls nicht zuständig und schickte den Krempel retour. Der Ansatz sei zwar prima, hieß es im Hause der Frauensenatorin, aber man habe kein Geld. Nur Plakate: Unter dem etwas holprig formulierten Motto „Stopp der Gewalt gegen Frauen – so löst mann keine Probleme“ ließ Christine Bergmann (SPD) die Adressen von „Mannsarde“ und „Mannege“, ein ähnlich arbeitendes Projekt, in U-Bahnen und Behörden aushängen. Die Resonanz war durchaus vielversprechend.

Aber: „Geld gibt es nirgends, nur lobende Worte“, sagt Gerhard Hafner frustriert. Die Beratung, die „Mannsarde“ seit einem Jahr im Nachbarschaftszentrum „Bürger für Bürger“ in Mitte anbietet, erfolgt ausschließlich ehrenamtlich. Professionell ist sie trotzdem, denn der Psychologe hat schon früher bei der „Mannege“ mit gewalttätigen Männern gearbeitet.

Wie sieht so eine Beratung aus? Viele Männer kämen als sogenannte „Selbstmelder“ zwar freiwillig, berichtet Gerhard Hafner, aber keineswegs infolge eigener Einsicht. Meistens suche ein gewalttätiger Mann erst dann eine Beratungsstelle auf, wenn Frau oder Freundin ihn zu verlassen droht, wenn er Verlustängste und Leidensdruck verspürt. Um zukünftiger Gewalt entgegenzuwirken, versucht der Berater die Selbstwahrnehmung und Selbstkontrolle seiner Klienten zu schärfen: „Was kocht da hoch? Wie und wann steige ich aus einem Streit aus? Wann bestehe ich auf einer Aus-Zeit?“

Beratungsgespräche für gewalttätige Männer hält auch die „Mannege“ ab. In der vor acht Jahren gegründeten Männerberatungsstelle ist der Arbeitsbereich „Konflikt-Krise-Gewalt“ allerdings nur einer unter vielen. Die „Mannege“ berät werdende Väter genauso wie Männer in Trennung und Scheidung, das Themenspektrum ihrer Veranstaltungen reicht von „Yoga – der Weg des Kriegers“ über das Selbsterfahrungswochenende „Meine Traumfrau“ bis zum Abend über „Die sanfte Geburt“. Für die Antigewaltarbeit steht dem Männerprojekt nach einer Mittelkürzung durch die Senatsverwaltung für Jugend und Familie jetzt gerade mal noch eine halbe Stelle zur Verfügung.

Und das, obwohl je nach Umfrage und Definition von Gewalt zwischen 10 und 30 Prozent aller Frauen angeben, sie hätten schon einmal Gewalterfahrungen machen müssen. In Berlin leben schätzungsweise knapp eine Million erwachsene Männer in einer Ehe oder Partnerschaft. Rein rechnerisch gesehen stehen diesem halben Sozialarbeiter als einzige bezahlte Kraft in diesem Bereich also mindestens 100.000 potentielle Klienten gegenüber.

„Mannsarde“ im Nachbarschaftszentrum „Bürger für Bürger“, Strelitzer Str. 54, Tel. 449 60 22. „Mannege“ im Haus der Demokratie, Friedrichstr.165, Tel. 208 21 57.