Durchbruch in Etappen?

■ Die Chancen für einen Frieden in Bosnien steigen

Seit die USA den Schauplatz erneut betraten, hat sich das bosnische Kriegsgeschehen rasant verändert: die Nato antwortete erstmals entschieden auf die Angriffe der Karadžić-Serben gegen die verbliebenen UN-Schutzzonen, sie erzwang den Rückzug der schweren Waffen aus der Sperrzone um Sarajevo. In Genf gelang es, über die künftige Gestalt Bosnien-Herzegowinas Einigung zu erzielen; die Luftbrücke nach Sarajevo wurde wiederaufgenommen; in New York wurden einvernehmlich die künftigen Verfassungsgrundsätze festgelegt – und nun ist ein Waffenstillstand in greifbare Nähe gerückt. Nicht nur die hoffnungsfrohen Reaktionen von Kosyrew bis Major zeigen, daß dieses Mal die Waffenruhe halten könnte. Auch die eindeutigen Bedingungen des Waffenstillstands lassen erkennen, daß der Vermittler Holbrooke aus den Fehlern aller Unterhändler von Owen bis Akashi gelernt hat.

Die Tür zum Frieden sei nun offen, sagt der britische Premier Major. In der Tat – die nächsten Schritte sind vorgegeben und lassen erstmals in ihrer abhängig definierten Reihenfolge ein Konzept erkennen: Friedensgespräche in den USA zwischen den Präsidenten Bosniens, Serbiens und Kroatiens von Angesicht zu Angesicht, die – Fortschritte vorausgesetzt – die Gestalt einer formellen Friedenskonferenz in Paris annehmen sollen.

Das Ende der Belagerung Sarajevos und ein Waffenstillstand für ganz Bosnien waren seit jeher die Voraussetzung für glaubwürdige Verhandlungen. Dort, wo bisher kein Frieden herrschte, könnte dann der Begriff „Friedensprozeß“ seinen Sinn zurückgewinnen, der ihm von den ungezählten „Friedenskonferenzen“ und dem UNO-Gerede von der „Friedenserhaltung“ genommen wurde.

Gründe für diesen Durchbruch in Etappen sind international die seit August begonnenen friedenserzwingenden Maßnahmen sowie das Ende der unter Mitterrand nur humanitären Rolle Frankreichs. Serbischerseits wirkt die Kriegsmüdigkeit und der von den USA über Milošević ausgeübte Druck auf die Karadžić-Extremisten. Clinton wiederum sitzen im eigenen Lande die Republikaner im Nacken. Bisher für die USA nicht von nationalem Interesse erklärt sich Clintons diplomatische Offensive für einen Frieden in Bosnien aus den bevorstehenden Wahlen im kommenden Jahr. Den bosnischen Krieg aus den amerikanischen Schlagzeilen zu bringen, bleibt – auch dies ein realpolitisches Faktum – ein zentrales Motiv amerikanischer „Friedenssuche“. Johannes Vollmer