Streitende Tories zum Showdown in Blackpool

■ Heute beginnt der Parteitag der krisengeschüttelten britischen Konservativen

London (taz) – Beim Tory-Parteitag, der heute im nordenglischen Seebad Blackpool beginnt, wird es weniger harmonisch zugehen als vergangene Woche bei Labour in Brighton. Für miese Stimmung sorgt nicht nur der bekannte Tory-Abgeordnete Alan Howarth – der hatte am Samstag seinen Übertritt zur Labour Party bekannt gegeben, wo er sich inzwischen wohler fühle. Dadurch ist die ohnehin knappe Mehrheit der Konservativen im Unterhaus auf sieben Mandate zusammengeschmolzen.

Aber vor allem für Streit sorgt ein Vorschlag des Innenministers Michael Howard, der Arbeitgebern Strafverfolgung androht, wenn sie illegale ImmigrantInnen beschäftigen. Das sei eine rassistische Politik, hatte Arbeitsministerin Gillian Shephard in einem vertraulichen Brief geschrieben, der der Presse am vergangenen Wochenende zugespielt wurde.

Shephard befürchtet, daß die Unternehmen noch weniger Arbeitskräfte aus ethnischen Minderheiten einstellen, wenn Howard seine Pläne durchsetzte. Außerdem schieße der Innenminister mit Kanonen auf Spatzen, meint seine Kabinettskollegin: Illegale Einwanderung sei ein weit geringeres Problem, als er es darstelle.

Howard hatte gehofft, das Kabinett von seinem Plan zu überzeugen, um damit auf dem Parteitag glänzen zu können. Die Sanktionen gegen Arbeitgeber sollten Teil des neuen Asyl- und Immigrationsgesetzes sein, das die Queen bei der Parlamentseröffnung nächsten Monat vorstellen wird. Darin ist eine Kürzung der Sozialhilfe für Asylbewerber und die Abschaffung des Einspruchsrechts gegen die Ausweisung vorgesehen. Darüber hinaus will man ein Kontrollsystem entwickeln, bei dem etwa Schuldirektoren und Krankenhausverwaltungen alle Personen überprüfen, die sie als illegale Immigranten verdächtigen.

Ein anderer Streitpunkt auf dem Parteitag ist die Privatisierung der Eisenbahngesellschaft „British Rail“, die von weiten Teilen der Bevölkerung abgelehnt wird. Transportminister George Young will dennoch daran festhalten. Der Verkauf soll noch vor den nächsten Wahlen in rund anderthalb Jahren über die Bühne gehen. Young setzt darauf, daß der Labour Party das Geld fehlt, um die Bahn nach einem eventuellen Wahlsieg wieder zu renationalisieren. „Es geht um einen Haufen Geld“, sagte ein Berater Youngs. Der Labour-Sprecher Michael Meacher warnte in der vergangenen Woche potentielle Käufer, nicht die Katze im Sack zu kaufen. „Kommt hinterher nicht heulend angelaufen, wenn Labour die Wahlen gewinnt“, sagte er.

Einer hat keinen Zweifel am Labour-Wahlsieg: Der frühere Schatzkanzler und Thatcher-Stellvertreter Geoffrey Howe, dessen Rücktrittsrede damals zum Sturz der Eisernen Lady geführt hatte, sagte am Donnerstag, es werde schwer sein, das zu verhindern. Er machte dafür vor allem den rechten Parteiflügel verantwortlich, der trotz des gescheiterten Coups gegen Premierminister John Major im Juli weiterhin querschieße.

Über den Tories hinge noch immer der Schatten Margaret Thatchers. „Major hat jetzt alle Hände voll mit denjenigen zu tun, die gerne Thatcher folgen würden“, warnte Howe. Am Freitag können „die Thatcher-Kinder“ (Howe) ihre ungebrochene Loyalität beweisen: Am Tag, an dem der Parteitag in Blackpool zu Ende geht, feiert die Eiserne Lady ihren 70. Geburtstag. Ralf Sotscheck