Vom Zorn der Himmelsmächte

■ China: Kleine politische Erdbeben- und Sternenkunde

Berlin (taz) – Die Natur ist politisch. Das gilt besonders in China, wo die Mächte des Himmels und der Erde seit grauer Vorzeit über die Arbeit der Politiker und den Lebenswandel ihrer Untertanen wachen. Der himmlische Zorn über Korruption und Willkürherrschaft zeigt sich in Erdbeben, großer Dürre oder Überschwemmungen, erklärten Konfuzius und andere chinesische Gelehrte. Er ist nur zu besänftigen, wenn eine neue Herrscherdynastie die Macht übernimmt.

„Natürlich ist das nur Aberglaube“, sagen chinesische Freunde und weisen dann darauf hin, daß es in der chinesischen Geschichte viele Beispiele gibt: Zuletzt im Jahr 1976, als beim großen Erdbeben von Tangshan im Norden Chinas rund eine viertel Million Menschen umkamen und ganze Landstriche zerstört wurden. Kurz darauf starb Mao, und die berüchtigte „Viererbande“ an der Parteispitze wurde gestürzt.

Auch in diesem Jahr mangelt es nicht an Katastrophen. Hunderte kamen bei Überschwemmungen um. Wieder hat es Erdbebenwarnungen gegeben, in der Nähe von Tangshan wurden vor wenigen Tagen Erdstöße der Stärke 5 gemessen. Dazu kommt erschwerend, daß wir uns nach dem chinesischen Mondkalender, der nur 354 Tage hat, in einem Jahr mit 13 Monaten befinden – es gibt einen „vorderen“ und einen „hinteren“ August. Das kommt alle 20 Jahre vor und ist in den Augen der Astrologen ganz ungünstig, denn es bringt Verwirrung und Unglück. Wie abergläubisch der 91jährige Deng Xiaoping ist, wissen wir nicht. Seine Tochter erklärte gestern in Peking vorsichtshalber wieder einmal, er sei bei bester Gesundheit. li