Werder erfolgreich modernisiert

■ Bremen überrollt im UEFA-Cup Dinamo Minsk mit 5:0 und die Fans frohlocken: „Ohne Otto macht es wieder Spaß!“

Die Werder-Fans haben einen sechsten Sinn: „Ohne Otto macht es wieder Spaß“, skandierte der grün-weiße Anhang, dabei hatte die Mannschaft noch keine Minute gespielt. Die Zuschauerinnen und Zuschauer sollten recht behalten. Mit 5:0 überrollte Werder Bremen die weißrussischen Kicker von Dinamo Minsk. Und am Ende jubelte nicht allein das Publikum. „Ich habe der Mannschaft gesagt, daß sie heute alles rauslassen muß, was wir in den letzten Monaten erarbeitet haben“, erzählte Trainer Aad de Mos. Haben sie dann auch. Sogar Wladimir Bestschastnich, ansonsten Abonnent auf Auswechslungen nach 20 Minuten, wurde nach dem Spiel mit „Wladi, Wladi“-Sprechchören verabschiedet. Die einfache Erklärung nach de Mos: „Er hat verstanden, wie Fußball gespielt werden kann.“

Dabei hatte es lange zwanzig Minuten gar nicht nach einem Fußballfest ausgesehen: Baiano schiebt den Ball zu Wolter, der nimmt an, guckt, schiebt ihn weiter zu Eilts, kleines Päuschen, dann wieder zurück zu Baiano, und alles beginnt von vorn. Und wenn sich die Herren mal zum Angriff bequemten, dann flitzte ein Gegenspieler dazwischen.

Bremische Modernität war zunächst was für die Experten. Seit de Mos das Heft in der Hand hat spielt Werder so flexibel wie kaum eine zweite Bundesligamannschaft: Mal mit Libero vor der Abwehr, mal dahinter, mal ganz ohne, mal mit einem, mal mit vier Stürmern, und immer mit unerwarteten Positionswechseln und Vorstößen auch von Spielern, die in der Otto-Ära auf ihren Defensiv-Positionen festgenagelt waren. Das hat zuerst die eigene Mannschaft verwirrt, doch nun verwirrt die neue Taktik vor allem die Gegner. Als Werder endlich engagierter zu Werke ging, begann die Minsker Überforderung. Bode und Bestschastnich hatten gute Chancen. Nur trafen sie nicht.

Das mußte Sergej Schtanjuk erledigen, der eine Flanke von Basler ins eigene Tor köpfelte. So flott die Minsker nach vorne kombinierten, so starr war ihre Defensive. Das Rezept gegen die antiquierte Manndeckung war allzu einfach: Die Bremer Stürmer ließen sich zurückfallen, um sich dann mit langen Pässen in die entstandenen Räume schicken zu lassen. Der schönste kam von Baiano, Basler streichelte ihn aus der Luft am Minsker Keeper vorbei zum 4:0 ins Netz. Vergessen waren die Baslerschen Fehlpässe aus der ersten Halbzeit. Der Hanseat war hingerissen.

Doch Star des Abends war ausnahmsweise nicht das kopfkranke Fußballgenie, sondern Bestschastnich. Der forderte Bälle, rannte und paßte, daß es ein großes Vergnügen war. Und als in der letzten Minute ein Elfmeter geschossen werden wollte, da verlangte das Volk selbstverständlich Wladi, ganz im Einklang mit der Mannschaft. Doch ganz und gar nicht mit der Trainerbank. Die Order: schießen muß Basler. Weil der das auch in der Bundesliga zu erledigen hat, meinte de Mos nach dem Spiel. „Ich will schon eine Mannschaft, die mitdenkt und mitentscheidet. Aber so weit sind wir noch nicht. Vielleicht im nächsten Jahr.“ Jochen Grabler

Zuschauer: 15.000; Tore: 1:0 Schtanjuk (53./Eigentor), 2:0 Basler (64.), 3:0 Hobsch (72.), 4:0 Basler (83.), 5:0 Bode (88.)

Werder Bremen: Reck - Scholz (61. Borowka), Baiano, Wolter, Bode - Votava, Wiedener, Eilts - Basler, Hobsch, Bestschastnich