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Banken ohne Öko-Boom

■ Öko- und Ethikfonds werden von herkömmlichen Banken nur entwickelt, wenn die Rendite stimmt. Im Angebot sind konventionelle Fonds mit grünem Etikett

Es ist drei Jahre her: Damals trafen sich die Spitzenmanager von 29 Megabanken in luftiger Höhe oberhalb New Yorks. Die Herren des Geldes unterzeichneten im United Nations Main Secretariat Building eine „Erklärung zu Umwelt und langfristig tragfähiger Entwicklung“. „Wir, die Unterzeichner“, heißt es darin verheißungsvoll, „sind der Überzeugung, daß Schutz der Umwelt und langfristig tragfähige Entwicklung auch zu den dringlichsten Aufgaben der Wirtschaft, einschließlich des Kreditwesens, gehören müssen.“ Und im folgenden versprechen Deutsche Bank und Freunde: „Wir werden versuchen, unsere Geschäftspolitik und unser unternehmerisches Handeln auf ein solches Wachstum auszurichten.“ Zu den Erstunterzeichnern gehören neben der Deutschen auch die Dresdner und die Commerzbank.

Ist nun seitdem „Ethisches Investment“ für die unterzeichnenden Geldhäuser ein brennend aktuelles Thema? Hellmut Hartmann, Leiter der Presseabteilung der Deutschen Bank, antwortet auf die Frage nach der grundsätzlichen Position seines Hauses: „Nach unserer Auffasung kann und soll unter anderem auch die Deutsche Bank nicht die Aufgabe haben, den subjektiven Begriff der Ethik allgemeingültig zu definieren und somit als Ethikinstanz zu fungieren.“ Konsequenterweise bietet die Deutsche Bank unter dem „Selektionskriterium Ethik“ keine Anlageform an. „Ein Fonds, der sich umweltorientiert oder ethisch nennt, muß noch lange nicht besser sein als ein Fonds, der dieses Attribut nicht führt“, meint Hartmann und verweist auf manche „grüne“ Mogelpackung. Aber „da die förderungswürdigen Unternehmungen, wie zum Beispiel Umweltschutz, Müllentsorgung und alternative Energieerzeugung, zunehmend an Bedeutung gewinnen, sehen wir in diesen Bereichen für die Zukunft ein großes Entwicklungspotential“. Entwickelt wird aber nur dort, wo die Rendite stimmt.

Und die fällt nicht immer zum Besten aus: „Umwelt-Aktien und sogenannte Ethikwerte zeichnen sich durch einen stark schwankenden Kursverlauf aus“, behauptet Eckhard Bergmann von der DWS Deutsche Gesellschaft für Wertpapiersparen mbH. Statt Grünanlagen empfiehlt die Deutsche-Bank- Tochter sogenannte diversifizierte Fonds, die dem „Anleger eine erfolgreiche Wertentwicklung bieten und dann eine Unterstützung des gewünschten guten Zwecks ermöglichen“.

Offensiver als der Branchenprimus tritt manch ein Konkurrent auf – vorsichtig freilich die kleinste der Großen: „Die Commerzbank fühlt sich in ihrem Handeln gegenüber der Gesellschaft jederzeit verantwortlich und engagiert sich für sozial- und umweltverträglichen Fortschritt“, verspricht Sprecher Peter Pietsch. Ethik-Produkte führt man allerdings nicht. Statt dessen stellt die Commerzbank ihren Kunden auf deren Wunsch von ihnen ausgesuchte Werte zu einem Depot zusammen. Ethik- und Ökofonds sind jedoch nicht dabei. „Im konkreten Einzelfall konzentriert sich die Beratungsleistung vor allem auf einzelne ökologische Werte.“

Der erste Platz unter den konventionellen Grün-Anbietern gebührt – nicht nur in der zeitlichen Abfolge – der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank. Sie hatte im Juli 1990 über ihre Tochter H.C.M. Hypo Capital Management Luxembourg S.A. den „H.C.M. Umweltfonds“ im Großherzogtum aufgelegt. Dieser zielt vorrangig auf den deutschen Markt. Er darf damit „als der erste ethisch-ökologisch orientierte Fonds in Deutschland bezeichnet werden“, freut sich der studierte Theologe und aktive Banker Walter Homolka. Er verfaßte für die Bayernhypo die Broschüre „Umweltfonds“ – wohl die einzige Bank-Broschüre mit einer persönlichen Widmung. Ebenso kurios ist, daß die Staatsanwaltschaft seit dem Frühjahr 1995 gegen die deutsche Niederlassung der Vermögensverwaltungsgesellschaft H.C.M. wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ermittelt. Via Luxemburg sollen betuchte Hypobank-Kunden an der Steuer gespart haben. Schon im Vorfeld der neuen Zinsabschlagsteuer, die seit Januar 1993 gilt, war es zu schnellen Fluchtbewegungen gekommen. Das Volumen der Investmentfonds in Luxemburg stieg sprunghaft an.

Doch immerhin konnte sich der H.C.M.-Umweltfonds im ersten Lebensjahr mit 15,2 Prozent (1994: minus 3,3 Prozent) gebührenbereinigtem Wertzuwachs „schon exzellent bewähren“. Der „Aktienfonds mit Werten ökologisch-innovativer Unternehmen“ investiert mit Vorliebe in Luftfilter, Wasserreinigung und Müllverbrennung. Damit kann er als typische konventionelle Grünanlage gelten. Allerdings reicht die Anlagestrategie der Bayern-Banker gelegentlich über die schlichte „Entsorgung“ des Umweltdrecks hinaus. Aber schon im ersten Jahr hatte der enorme Wertzuwachs demonstriert, wie herkömmlich auch dieser Fonds letztlich geführt wird: Angelegt wird in profitable Unternehmen auf den etablierten Märkten. Ein zusätzlicher finanzieller Pusch für die Umwelt ist dabei nicht erkennbar. Obendrein wurden zwei quietschende Hintertüren offengehalten: Ein Teil des Fonds-Vermögens kann in Optionsscheinen angelegt, ein anderer zur Absicherung gegen Kurs- und Währungsverluste in Termingeschäfte gepackt werden. Derlei „Derivate“ können konservativ zur finanziellen Absicherung genutzt werden und progressiv für eine Bankpleite, wie im Frühjahr dieses Jahres der Fall Barings bewies.

Trotz solcher Bedenken verdient sich der H.C.M.-Umweltfonds ein Sternchen, denn immerhin wurde hier von einem der großen deutschen Kreditinstitute umweltpolitisches Neuland betreten. Wenn auch das Stückchen Erde ein wenig klein und recht überdüngt geraten ist, so stimmt doch die von der Bayern-Hypo eingeschlagende Richtung. Gleiches gilt für folgende Bemerkungen aus München: „Es gibt Konkurrenten, die noch weiter zurück sind als wir.“

Neben der Bayerischen Hypotheken-Bank finden wir nur eine kleine Schar von etablierten Geldverleihern, die Ethik-Produkte verkaufen. So bietet beispielsweise das frühere Gewerkschaftsinstitut BfG Bank über ihre Luxemburger Investment-Gesellschaft den „Secura-Rent Lux“ an. Und die DG Bank Deutsche Genossenschaftsbank, das Spitzeninstitut der Genossenschaften, vertreibt den „KD Fonds Öko-Invest“. Auch diese Produkte vereinen eine konventionelle Anlagestrategie mit grünem Etikett. Hermannus Pfeiffer

Vom Autor ist soeben erschienen: „Grüne Anlagen – Geld anlegen mit ökologischer und sozialer Verantwortung“. PapyRossa Verlag, 19,80 Mark.

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