■ Bonn apart: Hübsche Kulleraugen, lange Beine

Lieber Herr Bundeskanzler,

wieso regen Sie sich eigentlich so auf, daß Ihre Parteifreunde kein Frauenquorum wollen? Es war ja schon rührend, wie Sie trotzig am Rednerpult aufstampften: „Dann eben nächstes Jahr.“ Haben Sie den wahren Grund für die Verweigerungshaltung Ihrer Parteifreunde wirklich nicht erkannt? Nein? Dann haben Sie wohl zu weit in die Zukunft geschaut und das Naheliegendste nicht erkannt. Oder lesen Sie nie die feinen Hochglanzbroschüren, die Ihr Presse- und Informationsamt unters Volk streut? Hätten Sie mal besser getan.

Pünktlich zum Parteitag im Oktoberheft hätten Sie im „Journal für Deutschland“ lesen können, was frau aufbieten muß, wenn sie in Ihren Kreisen als erfolgreich gelten soll: „Hübsche Kulleraugen, lange Beine“ nämlich. So beginnt das Porträt einer 36jährigen erfolgreichen deutschen Geschäftsfrau, die es in Großbritannien auf ein paar Milliönchen gebracht hat. Aber die Redaktionskollegen stellten dann doch enttäuscht fest: „Wenn Sie ihr auf der Straße begegnen, drehen Sie sich nicht unbedingt nach ihr um.“

Und nun mal ganz ehrlich. Unter dem Aspekt haben Sie Ihr weibliches Personal ja erkennbar nicht ausgesucht. Da gilt eher das Markenzeichen „unscheinbar“ als karrierefördernd. Sonst wäre es im Sommer der Presse nicht direkt ein Foto wert gewesen, daß Ministerin Nolte im Mini zur Kabinettssitzung kam. Also irgendwie haben Sie die Nase da nicht richtig im Wind.

Um Mißverständnissen vorzubeugen: Wir sind natürlich nicht der Meinung, daß Körpermaße irgendwelche Aussagen über Qualifikationen geben. Aber Ihre Mitarbeiter im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung scheinen das ja – ganz dem christdemokratischen Geist anhängig – so zu sehen. Nur Sie waren diesmal halt schlecht beraten.

Deswegen also unser Tip für nächstes Jahr, wenn Sie das Frauenquorum wieder durchsetzen wollen: Versuchen Sie es doch mal mit Claudia Schiffer als stellvertretender Parteivorsitzender, und sehen Sie Kati Witt und Franziska van Almsick für höhere Weihen vor. Vielleicht findet sich ja auch noch die eine oder andere Miß Germany, die sich einspannen läßt, um Beauty-Kurse für CDU-Mitgliederinnen zu geben. Wetten, der Erfolg ist Ihnen dann sicher!

Nach dem wirklich gut gemeinten Vorschlag haben wir dann aber auch noch eine Bitte: Können Sie nicht im gleichen Schachzug dafür sorgen, daß endlich mal ein paar ordentliche Mannsbilder in Ihrer Regierung Platz finden? Unter uns gesagt: Nach dem Leiter des Presse- und Informationsamtes dreht sich auf der Straße auch keine um. Karin Nink