Dasa stürzt in Bremen ab

■ Kahlschlag bei der Daimler-Tochter: 1.052 ArbeitnehmerInnen werden bis 1998 entlassen Betriebsrat: „Das ist das Aus“

Die Daimler Benz Aerospace (Dasa) bleibt radikal: Bis 1998 werden weitere 1.052 Menschen aus dem Bremer Werk entlassen. Das hat der Vorstand der Daimler Benz-Tochter gestern in München beschlossen. In den niedersächsischen Dasa-Werken Nordenham, Stade und Varel werden von derzeit noch 4.150 knapp 1.400 Arbeitsplätze gestrichen. Vorstandschef Manfred Bischoff und seine Kollegen folgen damit dem Rationalisierungskonzept „Dollar low rescue“ (Dolores) der Unternehmensberatung McKinsey. Die hatte bereits im August empfohlen, an allen deutschen Dasa-Standorten 8.000 Arbeitsplätze zu streichen.

Damals wie heute erklärten Berater und Betriebsleitung die Massenentlassungen mit Verlusten durch den Dollar-Wechselkurs. Da die amerikanische Währung weiter sinke, Flugzeuge aber international mit Dollars bezahlt würden, könne sich die Dasa diesen Handel nicht weiter leisten. Dem Unternehmen geht es dabei nicht um Verluste, sondern um Erträge, die unterhalb der Gewinnerwartung liegen. Seit rund vier Jahren hat die Dasa zudem ihre Wechselkursausfälle abgesichert: Bis 1998 übernimmt ein Bankenkonsortium einen Teil des Risikos des steigenden oder fallenden Dollars. „Das sind mehrere Hundert Millionen Mark“, sagt ein Sprecher der Hamburger Dasa.

An das Totschlagargument „Dollarkurs verschärft die Lage“ (Vorstand) glaubt Manfred Zufall, Mitglied des Dasa-Betriebsrates Bremen, nicht. „Das ist der Anfang einer strategischen Ausrichtung zu den Märkten Asiens“, sagt Zufall. Der Airbus habe gute Zukunftsprognosen, wie Studien belegen. „Das Dollar-Argument ist an den Haaren herbeigezogen – der sinkt und steigt seit Jahren“. In den „Planungsüberlegungen der Dasa-Vorstände und der Airbus-Geschäftsführer“ vom Sommer 1995 sind sich zudem alle über die Gewinne nach den Dolores-Entlassungen einig: „Die Netto-Dollarabhängigkeit verringert sich um ca. 30 Mio. $ (ein Unterschied von einem %)“.

Im Bremer Dasa-Werk werden nach den vergangenen Rationalisierungplänen schon jetzt bis 1998 jährlich rund 230 ArbeitnehmerInnen entlassen. Bislang traf es vor allem Beschäftigte, die in den Vorruhestand gehen konnten. „Langsam geht uns aber die Luft aus“, sagt Betriebsrat Zufall. Schon für 1996 wisse er nicht, wen er sozialverträglich nach Hause schicken kann. „Wir werden immer jünger, das Durchschnittsalter liegt weit unter 41 Jahren“, sagt Zufall.

„Wenn die Ziele des Vorstands verfolgt werden, kommt es zu Massenentlassungen“, glaubt er daher. Und dann sei der ganze Standort in Gefahr. Sinke nämlich die Beschäftigtenzahl auf dem Gelände der Dasa weiter so dramatisch, lohne sich die gesamte Infrastruktur am Hünefeld nicht mehr. Schon jetzt veranschlage die Betriebsleitung 200 Mark pro Stunde für die Betriebskosten – zusätzlich zu den Personalkosten. Werden also noch mehr Beschäftigte entlassen, sinkt die Rentabilität des Bremer Unternehmens weiter.

Die seit gestern bedrohten 1.052 Arbeitsplätze können in allen Dasa-Unternehmensbereichen wegfallen. Vor allem die ForscherInnen und EntwicklerInnen werden wohl ihren Hut nehmen müssen. In den „Planungsüberlegungen“ dachten die Vorständler bereits an die „Aufgabe des Entwicklungsstandortes Bremen“. Der Dasa-Vorstand hat gestern außerdem beschlossen, Fremdfirmen in seine Wettbewerbsstrategie mit einzubeziehen. Die Landeklappen für die Airbus-Modelle A 323 und A 310 werden bald von Fremdfirmen gefertigt, ebenso wie Lei-tungsbündel und Teile der Fokkersektion. Alles Fertigungssegmente, von denen die Bremer Dasa bislang lebte. Ulrike Fokken