Bier im Restmüll

■ Der Freimarkt, morgens frisch geputzt, abends eine Müllhalde

Wenn samstags die Blasmusik spielt, klirrt das Geschäft im Bayernzelt. Da saufen 1.000 Leute, was reinpaßt. Die zwei Tanks mit je 24.000 Litern werden doch zu schaffen sein. Blau und weiß, ex und hopp, laßt die Gläser scheppern!Der Freimarkt, Tanz auf dem Müllberg? Fünf bis sieben Container Restmüll fallen pro Abend allein im Bayernzelt an, zählte ein Mitarbeiter, dem es stinkt: Nicht nur, weil er für 10 Mark Stundenlohn den ganzen Tag Bier stemmt und damit den Betreiber auf einen geschätzten Gesamtumsatz von zwei- bis drei Millionen Mark pusht. Nein, dem ökologisch bewußten Aushilfskellner stinkt besonders, daß bei dieser Umsatzsumme nicht mal eine vernünftige Entsorgung des Mülls praktiziert wird. Mindestens 20 Prozent der Biergläser gehen zu Bruch, schätzt der Mann. Viele BesucherInnen scheinen jenes Schild mißzuverstehen, das in großen Lettern um die Rückgabe der Gläser bittet. Ab Vollrausch wird zurückgeworfen.

Das ist nicht im Sinne des Stadtamtes, das zuständig ist für die Entsorgung des Freimarktes, genauer: für das äußere Ambiente. Täglich reinigen die BEB (Bremer Entsorgungsbetriebe) im Auftrag des Stadtamtes die Straßen in einem Umkreis von bis zu 1.000 Metern. So puhlten die Mitarbeiter der BEB nach der Parade einen halben Tag lang Konfetti aus dem Pflaster. Täglich leeren sie neben den auf dem Gelände verteilten Glascontainern 120 Restmülltonnen a 240 Liter, 210 Tonnen a 120 Liter und 45 Container a 1,1 Kubikmeter. Dabei wird Restmüll von Wertstoffen getrennt, ja, selbst der Pferdemist wird eigens abgefahren.

Auch Bayernzelt-Gastronom Kjell Skjefstad hätte durchaus die Möglichkeit, seine Scherben in einen Container zu bringen. Aber was in den Buden passiert, ist Sache der Betreiber. Das heißt, nicht ganz, denn auch sie unterliegen dem am 21.12.93 vom Senat beschlossenen „Erlaß zur Abfallvermeidung“. Dieser verpflichtet die Landesbehörden und Stadtgemeinde, darauf zu achten, daß bei Veranstaltungen „Speisen und Getränke nur dann in Verpackungen oder Behältnissen abgegeben werden dürfen, wenn diese wiederverwendbar oder zum Verzehr geeignet sind.“ Dosen sind verboten, Mehrwegverpackungen vorgeschrieben. Folglich gibt's das Gulasch im „Pappträger“, das Bier im Glas. Seit der „Verordnung zur Ökologisierung der Veranstaltungen“ fällt an den 105 Imbiß-Ständen und 18 Ausschankbetrieben deutlich weniger Müll an als früher. Die BEB führen allerdings keine Statistik.

Froh aber sind sie alle über die Vorschrift zu „alternativen Darreichungsformen für die Abgabe von Speisen auf Volksfesten“. Daß dabei Glas im Restmüll landet, nimmt man zerknirscht hin. Es habe hinsichtlich des Glasbruchs aber schon schlimmere Jahre im Bayernzelt gegeben, meint Stadtamtsleiter Wilkens. Den Glasbruch von den anderen Abfällen zu trennen, hält Wilkens angesichts der Hektik im Bayernzelt „nicht für praktikabel“. Daher seien Stadtamt und BEB übereingekommen, den Glasbruch als Restmüll zu aktzeptieren.

Plastikbecher wären ökologisch sinnvoller als Gläser, weiß der BEB-Sprecher. Zumindest könnte der Gastronom ein Pfand auf die Gläser erheben, um das Vergnügen an der Zerstörung ein wenig teurer zu machen. Auf solche Maßnahmen aber kann verzichten, wer eine billige Müllentsorgung hat: Die nämlich ist bereits in den Marktgebühren inbegriffen, und betragen bei der Imbißbranche schlappe 30 Mark pro Quadratmeter. dah