„Lebensgestaltung“ wird Pflichtfach

■ Im Land Brandenburg wird das Fach Religion abgeschafft

Berlin (dpa/taz) – Was den Bayern das Kruzifix, ist den Preußen der Religionsunterricht: Nach einem langen, erbitterten Streit verabschiedete gestern das Potsdamer Kabinett das brandenburgische Schulgesetz.

Das umstrittene Fach „Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde“, kurz LER genannt, soll nach Angaben von Bildungsministerin Angelika Peter (SPD) Unterrichtsfach werden. Auf Wunsch können die Schüler jedoch davon befreit werden, wenn sie regelmäßig an einem Unterricht von Kirchen oder Religionsgemeinschaften teilnehmen.

Sie betonte gestern gleichzeitig, daß der Religionsunterricht nicht Teil des ordentlichen Stundenplans sei. Laut Peter hätten die Kirchen diese Regelung als Schritt in die richtige Richtung gewertet.

Die Kirche hatte bisher für alle SchülerInnen das Wahlpflichtfach Religion gefordert und zwar als echte Alternative zu LER. Zeitweilig drohte der Streit um den bislang als Modellversuch praktizierten Ethikunterricht gar zu einer späten Fortsetzung des Bismarckschen Kulturkampfes zu werden. Staat gegen Kirche. Auf dem Höhepunkt des Streites drohte die Kirche sogar mit dem Gang vor das Bundesverfassungsgericht.

Die pädagogischen Aspekte des Modellversuchs „Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde“ gerieten bei der Auseinandersetzung zwischen Staat und Kirche völlig in den Hintergrund. Von Lebensgestaltung („Laßt uns über eure Probleme reden“) und Ethik, die den Werteverlust von Jugendlichen kompensieren helfen soll, redet keiner mehr. „LER soll keine Religion bekennend vermitteln, sondern Wissen über die verschiedenen Religionen“, betonte gestern Angelika Peter erneut. Und: LER vermittele zwar Werte, aber dezidiert keine Weltanschauungen.

Ungeklärt ist derzeit noch, welche Lehrer in Zukunft LER lehren. Die Kirchen hatten sich bislang geweigert, Religionslehrer in das neue Fach zu entsenden. Das Land müßte also die Lehrer selbst ausbilden.

Der Konflikt zwischen Staat und Kirche war der heftigste seit des Bismarckschen Erlasses von 1870. Damals entzog der Eiserne Kanzler die Schulen der geistigen Aufsicht der Kirche. Mit der Einführung von LER, spöttelten viele, würde jetzt den Kirchen mit dem Entzug des Religionsunterrichts das letzte kleine Schlupfloch genommen. Dementsprechend heftig reagierte vor allem Kardinal Georg Sterzinsky. Er argumentierte, daß laut Grundgesetz Religion ein ordentliches Lehrfach ist.

Von dem Schulgesetz sind in Brandenburg etwa 470.000 Schülerinnen und Schüler sowie 29.000 Lehrerinnen und Lehrer betroffen. Cif