Bundesbahn contra Transrapid

Die Deutsche Bahn AG startet Investitionsoffensive gegen den Transrapid. Dessen Betreiber kontern mit einer Planungsbeschleunigung  ■ Von Florian Marten

Hamburg (taz) – Mit einem beschleunigten Ausbau der Strecken Hamburg-Büchen-Berlin, Hannover-Stendal-Berlin und Hamburg- Uelzen-Stendal will der Vorstand der Bahn AG das Transrapid-Projekt einer Magnetschwebeverbindung Hamburg-Berlin elegant ausbremsen: Bereits 1998, noch bevor der erste Transrapid-Bagger seine Schaufeln in den märkischen Sand setzen kann, will die Bahn die Strecken Hamburg-Büchen-Berlin und Hannover-Berlin in Betrieb nehmen. Nur wenig später soll der Lückenschluß zwischen Stendal und Uelzen folgen. Dies geht aus internen Planungen des Bahnvorstandes hevor, die der taz vorliegen.

„Nach der neuesten Planung der DB-Division „Netz“ werden Investitionen von mehreren hundert Millionen Mark auf die Jahre 1996 bis 1998 vorgezogen. Schon 1998 könnte die Bahn zwischen Hamburg und Berlin dann die 2-Stunden-Marke erreichen – derzeit braucht sie 3 Stunden 40 Minuten. Noch bedeutsamer ist das Vorhaben, auch die Strecke Uelzen- Stendal beschleunigt für den Hochgeschwindigkeitsverkehr herzurichten.

Damit entsteht eine ICE-Verbindung zwischen Hamburg und Berlin, die auf den Teilstrecken Harburg-Uelzen und Stendal-Berlin bereits Hochgeschwindigkeitsabschnitte vorfindet. Voraussichtliche Fahrzeit Hamburg-Stendal- Berlin: 82 Minuten. Der schleswig- holsteinische Bahn-Planer Klaus Nötzold jubelt bereits jetzt in freudiger Vorahnung: „Dann sieht der Transrapid nur noch unsere Rücklichter!“

DB-Sprecherin Christine Geißler-Schild äußert sich weit vorsichtiger. Kein Wunder, schließlich ist die Bahn AG offiziell noch auf seiten des Transrapid und sogar in der Transrapid-Betreibergesellschaft vertreten: „Der Transrapid ist politisch gewollt. Er ist vor allem ein wirtschaftspolitisches Thema. Die Bahn hat aber immer deutlich gemacht, daß mögliche Einnahmeverluste der DB infolge einer Realisierung des Transrapid kompensiert werden müßten.“

Derweil arbeitet die Transrapid-Planungsgesellschaft mit Hochdruck an ihrem Trassensuchprogramm. Der Zeitplan ist eng und überaus ehrgeizig: Schon 1996 soll die Prüfung der Trassenvorschläge durch die betroffenen Bundesländer abgeschlossen, 1998 die Planfeststellung erledigt und Ende 1998 Baubeginn sein. 2004, so hofft die Planungsgesellschaft, könnte der Probebetrieb beginnen und im Jahr 2005 die feierliche Eröffnungsfete steigen. Bis es soweit ist, muß nicht nur die Investitionsoffensive der Bahn AG überstanden werden. Für den Trassenverlauf Hamburg- Berlin liegt bislang nicht mehr als ein „Trassensuchraum“ vor, ein zig Kilometer breiter Korridor. Konkreter untersucht werden dagegen die Streckenführungen in Berlin und Hamburg. Kein Wunder: Sollten die Planungen hier keine finanzierbaren Lösungen finden, ist das Projekt tot.

Nach taz-Informationen wollen die Planer vom Hauptbahnhof südlich, entlang der Autobahn, Richtung Berlin vorstoßen. In der Hauptstadt ist die Lage dagegen weit diffiziler: Urspüngliche Pläne, den Transrapid nur bis zum Westkreuz schweben zu lassen, wurden wegen des offenkundigen verkehrspolitischen Unsinns fallengelassen. Drei Bahnhofsvarianten sind im Gespräch: Südkreuz (Papestraße), Lehrter Bahnhof oder Gesundbrunnen.

In allen drei Fällen, das steht schon jetzt fest, ergeben sich gewaltige finanzielle und städtebauliche Schwierigkeiten. Allein die mit angedachte Tunnelvariante käme auf rund 300 Millionen Mark pro Kilometer – alles Kosten, die in den bisherigen Kostenvoranschlägen noch nicht berücksichtigt wurden.

Die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis, als Frau gegenüber Technik-Projekten offenkundig mit kühlem Verstand gesegnet, nimmt als bislang einzige aus der Regierendenkaste kein Blatt mehr vor den Mund: „Der Transrapid Hamburg- Berlin führt verkehrspolitisch ins Abseits, finanziell in den Sumpf und industriepolitisch jedenfalls nicht zum Ziel.“