Zukunft Schlachtfeld

■ Kinder als Soldaten und als Opfer der Kriege

„Für Kinder bewegen wir Welten“, heißt der nette Werbespruch der Unicef, des Kinderhilfswerks der UNO. In Wirklichkeit zeigt sich die Welt so gut wie unbewegt von den grauenhaften Fakten, die in Elfenbeinküste auf einer UN-Konferenz über die Auswirkungen kriegerischer Konflikte auf Kinder bekanntgemacht wurden.

Eine halbe Million Kinderleichen auf dem afrikanischen Kontinent allein im letzten Jahr. Fünf Millionen Kinder von ihren Eltern getrennt und auf der Flucht. 5.000 ehemalige Kindersoldaten in Ruanda. 1.300 davon wegen mutmaßlicher Beteiligung an Massakern in völlig überfüllten Gefängnissen. 2.500 Kinder und Jugendliche als kämpfende Soldaten im Bürgerkrieg von Sierra Leone. 6.000 im liberianischen Bürgerkrieg. „Wenn diese Kinder spielen, ziehen sie Streichhölzer“, berichtete die ehemalige mosambikanische Erziehungsministerin Graca Machel bei der Vorstellung der Zahlen, „nicht um auszulosen, wer die meisten Süßigkeiten essen darf, sondern um festzulegen, wer wen als Geisel nehmen darf.“

In Ruanda, so entnehmen wir einer Pressemitteilung, unterstützt die Unicef „ein Aktionsprogramm zur Demobilisierung von Kindersoldaten“: 2.600 Kinder und Jugendliche von 7 bis 17 Jahren werden „in einer ehemaligen Offiziersschule auf die Rückkehr in ein ziviles Leben vorbereitet“.

Demobilisierung? Rückkehr? Ziviles Leben? Ganz abgesehen davon, daß in Ruanda die grundlegenden materiellen Bedingungen für Zivilität fehlen: Weltweit gibt es keinerlei Rezept, wie man die zerstörten Seelen von Kindern, die bei Massenmorden zugeschaut oder sich sogar beteiligt haben, heilen könnte. Das UNO-Kinderhilfswerk flüchtet sich hier in eine dem militärischen Jargon angepaßte Fachsprache, die sonst nur Erwachsenen gilt, statt die eigene Hilflosigkeit ehrlich zuzugeben und die Verantwortlichen anzuprangern.

Ein Kind, das zum Schlachten der eigenen Eltern gezwungen wurde, wie in Mosambik geschehen, in Angola, in Ruanda, in Liberia, wird sein Leben lang alles Lebendige zu töten versuchen. Diese Kinder sind Opfer extremer Traumatisierung, die sie nicht nur ihr Leben lang zeichnet, sondern die auch in den nachfolgenden Generationen fortwirkt. Wer Kinder auf diese oder andere Weise zu Opfern und Tätern macht, der produziert nicht nur das Massenelend von heute, sondern auch die Kriege und Bürgerkriege von morgen. Wo Kindersoldaten marschieren, wird sowohl die Gegenwart als auch die Zukunft zum Schlachtfeld. Ute Scheub