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Vier Millionen Mark auf dem Dachboden

■ Sonderkommission der Polizei stellte Beute aus dem Tunnelcoup sicher. Noch fehlen aber elf Millionen Mark

Zwei Koffer voller Geld, das bei dem Tunnelcoup in der Zehlendorfer Commerzbank am 27. Juni erbeutet worden war, hat die Polizei sichergestellt. Sie waren auf dem Dachboden eines Hauses in einem Brandenburger Dorf gelagert. Noch hat die Polizei den Betrag nicht zählen können, sie schätzte gestern den Wert aber auf vier Millionen Mark. Den Namen des Dorfes wollte Detlef Büttner, Chef einer 30köpfigen Sonderkommission, nicht nennen. Angeblich wollte Büttner damit die Privatsphäre der dort Wohnenden schützen.

Die Spur auf den Brandenburger Dachboden führte über Beirut und Damaskus. Ende Oktober war AliI., einer der bislang zehn Verdächtigen, im Libanon festgenommen worden. Die Aussagen des 54jährigen belasteten den Deutsch-Syrer Mohammed K., der dann Anfang November auf dem Flughafen der syrischen Hauptstadt verhaftet wurde. Mohammed K. wartete dort auf das Eintreffen seiner deutschen Bekannten.

Mohammed K. soll als Geldverwalter für einen Teil der Gruppe tätig gewesen sein. Er habe ausgesagt, das jetzt gefundene Geld zunächst in einer konspirativen Wohnung in Wedding deponiert zu haben. Nach den ersten Festnahmen seien die vier Millionen Mark dann in das Haus des Hassan K. nach Brandenburg geschafft worden. Hassan K., der lediglich das Geld deponierte, aber nicht am Banküberfall beteiligt war, wurde ebenfalls festgenommen.

Bei dem Banküberfall auf die Zehlendorfer Commerzbank hatten vier bewaffnete Männer 16 Geiseln genommen. Sie hatten insgesamt 17 Millionen Mark Lösegeld verlangt. Die Polizei hatte ihnen lediglich 5,6 Millionen Mark übergeben. Mit dem Geld und den in aufgebrochenen Bankschließfächern gefundenen Wertgegenständen flohen die Täter durch einen zuvor gegrabenen Tunnel. Die Geiseln blieben unverletzt. Die Gangster blamierten die Berliner Polizei mit ihrem Tunnelcoup damals bundesweit.

Bereits anderthalb Wochen später aber hatte die Sonderkommission ihren ersten Fahndungserfolg. Sie nahm einen Autolackierer fest, der die Garage angemietet hatte, in der der Fluchttunnel endete. Im Juli waren vier weitere Tatverdächtige festgenommen worden. Auf der Suche nach dem erbeuteten Geld hatte die Polizei unter anderem einen in den Libanon exportierten BMW auseinandernehmen lassen – ohne Erfolg.

Insgesamt sind inzwischen sieben Tatverdächtige in Berlin sowie je einer in Syrien und im Libanon in Haft, ein zehnter wurde wegen nur indirekter Beteiligung gegen Kaution wieder entlassen. Detlef Büttner rechnet mit weiteren Festnahmen. Denn noch sei ein verdächtiger Libanese flüchtig.

Die Staatsanwaltschaft meint, daß Teile der Beute im Libanon sind. Das jetzt gefundene Geld sei nur etwa ein Drittel der Gesamtbeute von rund 15 Millionen Mark. Es handele sich um Teile des Lösegeldes sowie Geld aus den Schließfächern. Von den gestohlenen Schmuckstücken fehlt noch jede Spur.

Die Zehlendorfer Schließfachinhaber haben nur einen Gesamtverlust von etwa zwei Millionen Mark gemeldet. „Wir gehen allerdings aus verschiedenen Gründen von einem deutlich höheren Schaden aus“, betonte Staatsanwalt Schneider mit einem verschmitzten Lächeln: „Wenn Teile der Beute weder zum Lösegeld noch den Zehlendorfern gehören, haben wir ein Problem.“ Gereon Asmuth

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