Anschlag auf US-Militärs in Riad

■ Bei einer Bombenexplosion kamen sechs Menschen ums Leben. „Golf-Tiger“ fordern Abzug aller US-Soldaten

Kairo (taz) – Bei einem Anschlag auf eine US-Militäreinrichtung in der saudischen Hauptstadt Riad sind fünf Amerikaner und ein Filipino ums Leben gekommen. Bei der Explosion, die das ganze Gebäude zerstörte, wurden außerdem sechzig Menschen verletzt. Bei der Einrichtung handelt es sich um die Büros und Wohnräume von US-Militärberatern, die für die Ausbildung der saudischen Nationalgarde verantwortlich sind, einer Elitetruppe, die dem Kronprinz Abdallah Abdel Aziz untersteht.

Die Umstände des Anschlags waren zunächst unklar. Augenzeugen berichteten von zwei Explosionen innerhalb von fünf Minuten. Sie seien in der ganzen Stadt zu hören gewesen. Der Sprecher der US-Botschaft in Riad, Jeffrey Thomas, sprach in einer ersten Erklärung von vermutlich zwei Autobomben, die auf dem Parkplatz vor dem Gebäude detoniert seien. Durch die Druckwelle der Explosion barsten die Fenster umliegender Gebäude, mehrere Autos wurden zerstört.

In einem Telefonanruf bekannte sich eine bisher unbekannte Gruppe mit dem Namen „Golf-Tiger“ zu dem Anschlag. Ein anonymer Anrufer forderte gegenüber der französischen Nachrichtenagentur AFP den Abzug aller US-Truppen aus Saudi-Arabien. Er sagte: „Die Operationen werden fortgesetzt, bis der letzte US- Soldat die Stadt verlassen hat.“ In den vergangenen Jahren hatte sich innerhalb Saudi-Arabiens eine illegale islamistische Opposition geformt, die sich nicht nur der undemokratischen Regierungsweise und der Korruption des Königshauses widersetzte, sondern auch der Stationierung „ungläubiger ausländischer Truppen auf heiligem islamischem Boden“. Der saudische König Fahd sah sich damit das erste Mal mit einer konservativen Opposition konfrontiert, die vorgibt, „islamischer“ zu sein als das Königshaus.

Bei dem Anschlag in Riad handelt es sich um die zweite Gewalttat gegen US- Militärs in Saudi-Arabien. Am 4. Februar 1991, einige Tage vor Beginn des Golfkriegs, waren zwei amerikanische Militärs und ein saudischer verletzt worden, als Unbekannte auf einen Bus in Dschiddah schossen.

Der Streit um die US-Truppen in Saudi- Arabien hat eine lange Geschichte. Denn jahrelang galt es in Riad als ungeschriebenes Gesetz, daß die Erlaubnis zur Stationierung von ausländischen Truppen das Überleben des saudischen Königshauses unterminieren würde. Dies änderte sich erst mit der Carter-Doktrin und den Versuchen der USA, für ihre Schnelle Eingreiftruppe am Golf Stationierungsorte zu finden. Zwar widersetzte sich Saudi-Arabien auch diesem Ansinnen zunächst. Es erlaubte dem US-Militär allerdings, die Infrastruktur und Lagerkapazitäten im saudischen Dhahran für ihre Eingreiftruppe auszubauen.

Zu einer grundsätzlichen Wende der saudischen Position führte dann der irakische Einmarsch in Kuwait. US-Militärs erweckten damals bei König Fahd den Eindruck, als wollten die irakischen Truppen in den nächsten Stunden auch über sein Land herfallen. Die US-Regierung sicherte damals zu, daß die Soldaten nicht auf Dauer in Saudi-Arabien stationiert bleiben würden. Karim El-Gawhary