Auf das Slowakische verpflichtet

■ Gesetz bestimmt Slowakisch zur alleinigen Staatssprache. Ungarn wollen klagen

Budapest (taz) – „In der Slowakei werden Chauvinismus und pathologischer Fremdenhaß gesetzlich eingeführt.“ So beurteilte der slowakische Dichter Jan Strasser in der Oppositionszeitung Domino efekt das Gesetz der Mečiar-Regierung über die Staatssprache. Trotz massiver Proteste aus dem In- und Ausland verabschiedete das Parlament in Bratislava in der Nacht zu Donnerstag die Vorlage.

Es bestimmt das Slowakische nicht einfach als offizielle Sprache. Laut Präambel ist das Slowakische „teuerster Wert der Nation“ und hat „allgemeines Kommunikationsmittel der Staatsbürger“ zu sein. Zwar heißt es im Text, daß den Gebrauch der Minderheitensprachen ein eigenes Gesetz regelt. Doch das Slowakische ist in allen Verwaltungen und staatlichen Organen Pflichtsprache. Dokumente dieser Institutionen dürfen nur in Slowakisch abgefaßt und nur aus diesem Original übersetzt werden. Den Antrag, den Gebrauch von Minderheitensprachen in Gebieten zu erlauben, wo Minderheiten mehr als 20 Prozent stellen, lehnte das Parlament ab.

Auch andere Bereiche sind von dem Gesetz betroffen: Fernseh- und Radioprogramme müssen in Slowakisch laufen oder slowakische Ankündigungstexte haben. Ausländische Filme dürfen nur in synchronisierter Form oder mit slowakischen Untertiteln gesendet werden. Dasselbe gilt für öffentliche Veranstaltungen. Selbst Werbespots, Reklame, Speisekarten oder Veranstaltungshinweise müssen slowakisch erscheinen.

Was so grotesk klingt, war in noch viel schärferer Form vorgesehen. Ein erster Entwurf, auf die Initiative der nationalistischen Organisation „Matica Slovenska“, wurde in der Slowakei bereits im Juni diskutiert. Er hatte eine Art Sprachpolizei vorgesehen, die darüber wachen sollte, daß das Slowakische überall gesprochen und nicht mit Fremdwörtern durchsetzt wird. Dabei richtete sich der Entwurf vor allem gegen die 600.000 Ungarn, die in der Südslowakei leben. Zwar wurde er letzte Woche abgemildert. Doch laut Kulturminister Ivan Hudec ist das nun verabschiedete Gesetz ein Instrument „gegen die negative Diskriminierung der Slowaken“, weil die Ungarn, dort wo sie in der Mehrheit lebten, zu große Rechte hätten. Vertreter der ungarischen Minderheit wollen gegen das Gesetz Verfassungsklage einreichen. Sie sehen das europäische Rahmenabkommen zum Minderheitenschutz und den zwischen Ungarn und der Slowakei abgeschlossenen Grundlagenvertrag verletzt. Beide Dokumente erlauben Angehörigen der ungarischen Minderheit, ihre Sprache teilweise oder vollständig in Bildung, Kultur und Verwaltung zu gebrauchen. Auch ein Vermittlungsversuch des ungarischen Ministerpräsidenten Gyula Horn scheiterte. Mečiar blieb hart. Die Slowakei, sagte er, habe für ihre Gesetze keine Zustimmung aus dem Ausland nötig. Keno Verseck

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